nur das Beste, aber diese wandten sich dem Laster zu.' Als Beweis dafür erzählte sie mir eine kleine Geschichte. Aber damit war ich nicht zufrieden. Je älter ich wurde, umso mehr Elend sah ich, das in mir zuviel würgte und nagte. Auf der anderen Seite sah ich die Erfolge des sozialen Wirkens meines Vaters, und wie er es verstand, durch seine glühende Rede die Massen für den Gedanken der sozialen Befreiung zu gewinnen. Mein Vater liebte es nicht, mit Phrasen aufzutrumpfen, er hatte es auch nicht nötig, sondern an Hand der vollbrachten Leistun­gen warb er für den großen Gedanken. Sein Standpunkt war jedoch der, daß kein Gott die soziale Befreiung ermöglichen wird, sondern dafür haben die Menschen selbst zu sorgen. ,, Dieses irdische Elend", so führte er aus ,,, kann nur durch irdische revolutionäre Kräfte besei­tigt werden." Von der Tätigkeit meines Vaters begeistert habe ich mir vorgenommen, ebenfalls einst mit Entschlossenheit für die soziale Be­freiung einzutreten. Meinen Gott habe ich vergessen. Durch eifriges Studium marxistischer Jugendschriften versuchte ich, mich mit den marxistischen Problemen vertraut zu machen. Solange ich aber in die Schule ging, war mein Vater von meiner beginnenden politischen An­regung nicht erbaut, weil sich das in der Schule sehr ungünstig aus­wirkte. Er versuchte daher mit Hilfe meiner Mutter, mich mit aller Ent­schiedenheit wieder auf die normale Bahn des Schülers zu bringen. Die elterlichen Bemühungen blieben aber erfolglos, und von der Flamme der Begeisterung erfaßt konnte mich von meinem Vorhaben nichts mehr abbringen. Mein Ziel war, dahin zu streben, einst ein würdiger Nach­folger meines Vaters zu werden. Das Jahr 1934 brachte eine ent­scheidende Wendung. Aus meinen Träumereien gerissen, wurde ich vor die rauhe Wirklichkeit gestellt. Der Zusammenbruch der SPD. in Österreich wirkte sich auf unsere Familie auf das schlimmste aus. Mein Vater wurde als Parteiführer in Haft gesetzt, und somit der Mutter und mir der Ernährer genommen. Meine Mutter wurde schwer krank, und so mußte ich alle notwendigen Arbeiten, soweit ich sie verrichten konnte, besorgen. An ein Schulgehen war natürlich nicht zu denken. Die Pflege meiner Mutter und Verrichtung des Hauswesens war mir wichtiger. An einem Teil unserer Verwandten fand ich gute Stütze. Die Not wurde trotzdem immer größer, und die Erbitterung in mir stieg. Ich wurde noch ernster und verschlossener. Viele glaubten schon, ich sei auf dem schönsten Weg, ein Sonderling zu werden. Vergnügungen, Spiele oder andere Abwechslungen lehnte ich ab. Meine Jugendfreunde

6 Todeskandidaten

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