Einige Monate nach seinem Frontbewährungs- Einsatz schrieb derselbe SS- Mann folgende Zeilen:
,, Hoffentlich haben Sie den Glauben an mein Versprechen, daß ich Ihnen schreiben wollte, nicht ganz verloren. Nachdem ich von Stadel heim abgeholt wurde, fuhren wir nach der Freimann- Kaserne. Hier verbrachte ich zwei Tage. Am dritten Tage schlug endlich die Stunde meiner Entlassung: ich bekam Befehl, mich in... beim Ersatzbataillon zu melden. In..., das ich sehr gut von früher kenne, da ich hier meine Rekrutenzeit durchgemacht habe, war ich vierzehn Tage. Da habe ich wieder einen kleinen Geschmack vom militärischen Schliff bekommen. Ich war froh, als ich endlich meinen Marschbefehl an die Front in die Hände bekam. Am 6. August begann die Reise nach Rußland . Über drei Wochen war ich unterwegs, bis ich meine Division einholte.
Jetzt habe ich meinen ersten Einsatz wieder hinter mir, und ich bin froh, daß ich Ihnen schreiben kann, daß ich meine Hemmungen und Angstgefühle verloren habe. Mit Gottes Hilfe werde ich alles wieder gut machen, was ich während meinem ersten Einsatz verbrochen habe*.
Lieber Herr Dr....! Vielleicht werde ich nicht mehr die Gelegenheit haben, Sie wiederzusehen, deshalb bitte ich Sie, für alles, was Sie für mich getan haben und für den Trost, den Sie mir in Stadelheim gebracht haben, und vor allem, daß Sie mir Gottes Wort gebracht haben, hier auf schriftlichem Wege meinen tausendfachen Dank entgegenzunehmen. Ich bitte Sie, beten Sie für mich, daß es mir gelingt, mein Verbrechen auszulöschen. Ich weiß, daß die nächsten Monate sehr schwer für mich werden; aber ich vertraue auf Gott und ich glaube fest, daß es mir gelingen wird..."
Sieben Monate später kam ein zweiter Brief aus dem Osten:
,, Im Herbst letzten Jahres habe ich Ihnen einen Brief geschrieben. Da ich vier Wochen später verwundet wurde, habe ich Ihre Antwort nie erhalten. Damals kam ich ins Lazarett, wo ich einen Monat lag und von da aus wurde ich zum Ersatzbataillon versetzt. Jetzt bin ich schon wieder zwei Monate an der Front. Weihnachten durfte ich in Deutsch land verbringen. Urlaub gab's leider nicht. Ich wollte Ihnen schon früher schreiben, aber bisher war keine Zeit dazu. Solange der Boden
* Der erst achtzehnjährige Freiwillige hatte nach tagelangem ununterbrochenen Trommelfeuer die Nerven verloren und war in die rückwärtigen Stellungen ausgerückt. Dort traf ihn einer seiner Vorgesetzten, der sich übrigens auch nach hinten zurückgezogen hatte, zeigte ihn an und ließ ihn wegen ,, Feigheit vor dem Feind" zum Tode verurteilen.
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