schließlich doch begnadigt wurde und an die Ostfront kam, schilderte seinen inneren Werdegang mit folgenden Worten:
„Mein erstes Erlebnis mit Gott hatte ich als ganz kleiner Junge. Ich konnte nachts nie schlafen, einmal nicht aus Angst vor dem Dunkel und dann auch, weil ich immer darüber nachdenken mußte, was aus uns werden sollte, wenn wir starben. Ob wir in den Himmel kämen oder in die Hölle, und alle solche Gedanken, womit ein kleiner Junge sich nicht abgeben soll. Ich erinnere mich noch deutlich, wie oft habe ich mit der Decke über'm Kopf in die Nacht rausgelauscht. Dann eine Nacht, als es wieder schlimm war, habe ich zu Jesus Christus gebetet. Ich erinnere mich auch, was für ein Gebet:„Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Und am Morgen wie ich aufwachte, hatte ich die ganze Nacht fest und ruhig geschlafen. Seit dieser Zeit, wenn ich wieder allein war, habe ich nur gebetet, und das hat mich immer getröstet..— Als größerer Junge habe ich mich nicht mit Gott und Jesus viel abgegeben. In der Schule war ich immer einer von den wildesten und immer bei jedem tollen Streich der An- führer. Meinen Konfirmationsunterricht machte ich mit drei anderen Kameraden. Wir hatten immer nur Blödsinn im Kopf, und der ganze Unterricht machte keine Freude. Dann kam ich in die Lehre und da hatte ich keine Zeit. Das einzigemal, wo ich zur Kirche ging, war nur zu Weihnachten. Als junger Geselle war es nicht modern, an Gott zu glauben. Ich habe viel Geld verdient und dann ein paar Kameraden, die auch gut verdienten, wir haben uns das Leben behaglich gemacht nach unserer Überzeugung. Als ı8jähriger habe ich mich freiwillig zur SS gemeldet. Da sollten wir uns aus der evangelischen Kirche melden, wurde verlangt. Zuerst war ich auch wie alle begeistert. Das war was Neues für uns. Aber nachher, als ich mit ein paar Kameraden alleine war, haben wir es uns anders überlegt.— Im Feldzug in Rußland habe ich das Beten gelernt. Da mußte man entweder beten oder schrecklich fluchen. Ich habe mit vielen gesprochen:„Früher habe ich nicht an einen Gott geglaubt, aber jetzt glaube ich‘‘, war meistens die Rede. Hier im Gefängnis habe ich zum erstenmal, außer in der Schule, die Bibel gelesen. Ich habe in meinem Leben viel Sünde getan; wenn der Ver- sucher an mich herangetreten ist, habe ich meistens nicht„nein‘“ gesagt. Ich habe immer gedacht, wenn ich alt bin, ist es immer noch Zeit zum umkehren. Aber jetzt ist alles anders gekommen. Deshalb glaube ich auch, daß es Gottes Wille ist, daß ich jetzt im Gefängnis bin.“
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