5

S

I

e

S

Liebe Mutter, ich weiß wohl, daß ich Dir in meinem Leben viel Kum­mer und Leid bereitet habe; aber, Mutter, sieh' einmal an, immer wieder habe ich Dir doch auch schöne Stunden bereitet. Ich möchte nun hier einmal ganz kurz mein vergangenes Leben überblicken und daran fest­stellen, wie ich eigentlich soweit gekommen bin. Mutter, Du entsinnst Dich wohl an... Ich habe während meines Hierseins einmal richtig über die Zeit meines Lebens nachgedacht und bin zu der Überzeugung gekommen, daß eigentlich der Mann, der mich zum Lügen und Betrügen angehalten hat, die eigentliche Ursache war, daß es soweit mit mir gekommen ist. Denn schließlich war ich damals gerade im Alter von 9 bis 10 Jahren, wo man am aufnahmefähigsten ist. Na, dann kam die Zeit meiner Schulentlassung und mit ihr die Lehrjahre. Mutter, Du weißt ja selbst, wie ich damals war. Anschließend die Arbeitslosigkeit; Dir ist wohl noch in Erinnerung, was ich während dieser Zeit mit­gemacht habe. Ich glaube nun nicht, daß diese Zeit dazu angetan war, einen günstigen Einfluß auf mich auszuüben. Als ich wieder Arbeit erhielt und endlich wieder einmal ein menschenwürdiges Dasein, wäre ja nun alles gut gewesen, aber was dann kam: die Weiber! Mutter, glaube mir, oft und oft habe ich mir gesagt, werde ein anderer Mensch, aber leider war ich im gegebenen Augenblick dann immer wieder zu schwach dazu. Nun, liebe Mutter, dann ging es mit mir immer weiter abwärts trotz allen guten Vorsätzen, aber das kann ich Dir versichern: nie habe ich, wenn ich was gemacht habe, vorsätzlich gehandelt und auch nie zu meinem Vorteil, sondern immer habe ich dann alles an die Frauen hingewendet und das, liebe Mutter, war mein Unglück. Nur allein durch meinen Umgang mit Frauen bin ich so weit gekommen, daß ich nun sterben muß.

Liebe Mutter, ich bitte Dich nun noch einmal für all das Leid und den Kummer um Verzeihung. Glaube mir, es ist mir dies alles herzlich leid. Ich habe immer bereut, was ich getan habe. Hätte ich nur besser auf Dich gehört, dann wäre das bestimmt mit mir nicht so weit gekommen. Aber leider war meine Leidenschaft immer stärker als meine guten Vorsätze. Nun muß ich eben dafür büßen. Doch glaube mir, liebe Mutter, ich werde bei meinem letzten Gang standhaft und stark sein. Ich werde im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus , der für uns sündige Menschen sein teueres Blut zur Vergebung unserer Sünden hingegeben hat, sterben, und diese Gewißheit, daß Er auch für mich gestorben ist, macht mir meinen letzten Gang leicht.

49

67