hörte aber nur, dass sie mit den Söhnen in die Yorckssche Wohnung in der Hortensienstr. ziehen wolle und auch Mario und Mutho in Berlin sich niederlassen wollten. Ich nehme an, dass Freya ihren Briefwechsel mit Helmuth hat retten können, diese schönen und wichtigen Dokumente fester und getroster Herzen. Helmuth hat unter der Spannung gelitten, leben zu wollen und auch immer noch an eine gewisse Chance für eine Begnadigung glauben zu können und zugleich stündlich für den Tod bereit zu sein; auf der einen Seite machte er Pläne für weitere Gesuche und Interventionen bei Himmler und seinen Leuten, auf der andern Seite hatte er den Abschied vollzogen und vollzog ihn ständig in all den täglichen Briefen, die er mit Freya wechselte. Eine Spannung, die im Laufe der relativ langen Zeit fast über das hinausging, was ein Mensch ertragen kann. Zweimal kamen auch als Reaktion schwere Depressionen, aber er überwand sie und wurde darin nur reifer und tiefer. Er wuchs ja in diesen Monaten immer tiefer in das Christentum hinein und kämpfte sich immer wieder durch, das, was Unglück, Politik oder menschliche Bosheit heissen konnte, als Gottes Hand zu sehen und so innerlich zu überwinden. Er las in den letzten Monaten kein anderes Buch als Bibel und Gesangbuch. Besonders in diesem entdeckte er wahre Schätze an Tiefsinn und Trost und liess Freya daran teilnehmen. Am 23.1. war ich noch gegen 11 Uhr bei ihm und tauschte Briefe, als ich dann gegen 1 Uhr noch einmal rasch in seine Zelle hineinschauen wollte, wie ich es meistens tat, war die Zelle leer. Man hatte ihn plötzlich nach Plötzensee überführt. Als ich gleich dort anrief, war er noch nicht da, wurde aber jeden Augenblick erwartet, und mein katholischer Kollege Buchholz, dessen Namen Sie vielleicht jetzt im Radio gehört haben, er ist jetzt Stadtrat in Berlin , erklärte, sich gleich bereit, in das Todeshaus hinüber zu gehen. Er konnte ihn noch grüssen und hat Freya dann berichtet, dass er ganz gefasst, ja mit einer inneren Heiterkeit seinen letzten Weg gegangen ist, fertig zum Sterben, fertig mit dem Abschied von seinen so sehr geliebten Söhnchen und von Freya, die er ja noch zweimal hatte sehen dürfen. Einmal konnten sie auch noch zusammen das heilige Abendmahl feiern.

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Ich hoffe sehr, Sie gelegentlich einmal wieder zu sehen, vielleicht kann ich Ihnen dann noch ausführlicher erzählen. Ich freue mich, dass Sie damals bei uns waren und ich Ihnen nicht wie einem Fremden schreiben muss. Sie wissen, dass Helmuth mir in diesen Monaten zum nächsten Freunde geworden war und sein Tod auch mir den Verlust eines Bruders bedeutet.

In herzlicher Verbundenheit

Ihr

Pölchau

Diese Veröffentlichung ist z. T. der Vierteljahrsschrift..Round Table", London , entnommen.

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