sen kann, daß es ihr Ernst ist mit der vom Heiland geforderten Chri­stenpflicht an den, Geringsten unter seinen Brüdern'... Viele werden auch für geistliches Schrifttum dankbar sein, alle aber sicherlich für leicht faßbare Flugblätter, Gemeindeblätter und ähnliches. Hinter den Mauern Stadelheims herrscht viel geistliche Not..."

Ein Redner und Werber für den Bayerischen Königsbund schreibt am 20. Juli 1944:

,,...

Nachdem ich heraußen endgültig installiert bin, möchte ich nicht versäumen, Ihnen nochmals für all Ihre Güte und für die geist­liche Stützung zu danken, die Sie mir in den langen Jahren meiner poli­tischen Haft in Stadelheim zuteil werden ließen. Ich wurde dadurch wieder zur Evangelisch- Lutherischen Kirche zurückgeführt, der ich im Jahre 1930 den Rücken gekehrt hatte..."

Daß über aller menschlichen Seelsorge Gott selber das Ent­scheidende vollbringt, mögen zwei Berichte beweisen, die ich zuletzt noch anfüge und die an die Zeiten und Kräfte erinnern, die uns aus den Schriften großer Gottesmänner entgegentreten. Ein Gastwirt, der als ,, Staatsfeind" in Stadelheim saß, überschreibt seine Schilderung: ,, Heimkehr" und führt folgendes aus:

,,... Ich war im Jahre 1912 in München aus der evangelischen Kirche ausgetreten und hatte mich zu einem überzeugten Freidenker entwickelt... Im Jahre 1914 kam ich nach Stettin und verkehrte dort viel bei meinem Vetter Wilhelm. Er war städtischer Leichenschauer, der letzte dieses Berufes, der aus dem Badergewerbe hervorgegangen ist. Die Ausführung der Leichenschau wurde damals den Ärzten über­tragen, nur mein Vetter übte noch seinen Beruf aus, ob heute noch, weiß ich nicht; ich habe seit 1924 nichts mehr von ihm gehört.

Mein Vetter Wilhelm war Sozialdemokrat wie ich, jedoch waren er und seine Familie durchaus religiös. Wir hatten oft recht lange, doch immer freundschaftliche Auseinandersetzungen über religiöse Fragen. Eines Sonntags sagte er ganz unvermittelt zu mir: ,, Ernst, ich sage Dir, Du wirst noch einmal zu Gott heimkehren und fromm werden!"

Ich habe ihn natürlich ausgelacht, ich war der festen Überzeugung, ein Mensch mit meinen Erkenntnissen wäre gefeit gegen solche über­wundene Rückständigkeiten. Im Jahre 1934 sagte mir eine bekannte Frau: ,, Sie werden im nächsten Jahr geschäftlich nichts machen können, sie werden aber trotzdem Glück haben." Nun habe ich wirklich Pech gehabt im Jahre 1935. Unschuldig sitze ich im Gefängnis, mein Ge­

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