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alles Dabei

tischen Häftlinge, die ehedem mit nicht ehrenrühriger Festungshaft bedacht wurden, mit kriminellen Sträflingen auf eine Stufe gestellt und unter sie gemischt wurden eine bislang unerhörte Diffamie­rung. So kam es, daß z. B. eine politisch denunzierte bekannte Schrift­stellerin den Arbeits- und Schlafsaal teilen mußte mit vielfach vorbe­straften und rückfälligen Dirnen und Diebinnen. Hochschuldozenten und Akademieprofessoren saßen neben Hehlern und homosexuellen HJ - Führern, hohe und höchste Offiziere neben Fahnenflüchtigen und Selbstverstümmlern, Lehrer und Beamte neben Lebemännern, Betrügern und Bankrotteuren. Männer von Ruf und Namen von Klang, Geistliche beider Kirchen, Künstler, Literaten, Wirtschaftler, Ingenieure, Kauf­leute, Handwerker, Studenten, Studentinnen und Gymnasiasten neben berüchtigten Zuchthäuslern; Monarchisten, Königstreue und Kommu­nisten mischte man unter Mörder und moralisch Minderwertige; Po­litiker und Bibelforscher unter Asoziale und Arbeitsscheue; Hochverrä­ter unter Hochstapler; Jugendliche und Erstbestrafte unter notorische Verbrecher, die schon oft die Strafanstalten bevölkert hatten kunterbunt durcheinander, nur nach Geschlechtern getrennt... waren die sani ǎ en Verhältnisse noch recht primitiv- nirgends Wasch­und WC. - Vorrichtungen in den Zellen, sondern Kübel, die jeden Mor­gen entleert werden mußten. Daß durch die Überfüllung, vor allem seitdein militärische Uniformen und Ausrüstungsgegenstände in den Zellen ausgebessert wurden, das sonst peinlich ausgerottete Ungeziefer bei dem Fehlen an wirksamen Gegenmitteln mehr und mehr über­handnahm, war eine ganz besondere Qual für die Gefängnisinsassen. Als Erleichterung wurde empfunden, daß alle auch die Unter­suchungsgefangenen beschäftigt und damit abgelenkt wurden vom zermürbenden Nachgrübeln über ihre Lage, daß auch genügend gute Lektüre zur Verfügung stand und vor allem, daß das Aufsichtspersonal fast durchwegs tadellos korrekt, meist sogar entgegenkommend war: Schikanen oder gar Handgreiflichkeiten wurden nicht geduldet. Auch war das Arbeitsmaß nie zu groß, Kost und Heizung nach Lage der Zeit so gut und reichlich als irgend möglich, wenn auch in den letzten Kriegsjahren nicht mehr ausreichend. Dies alles war in erster Linie dem wahrhaft menschenfreundlichen Gefängnisvorstand Oberregie­rungsrat Dr. Koch zu verdanken, der keinerlei Unregelmäßigkeiten zulieẞ, besonders aber den politischen Häftlingen und ihren Angehöri­gen gegenüber weitgehendes Entgegenkommen bewies und dadurch

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