Obergruppenführer vor die Zelle Röhms und schoß ihn-

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durch die geöffnete Kostklappe nach einigen Fehlschüssen nieder wie einen räudigen Hund. Und der Adjutant, ein früherer Nürnberger Lehrer, wurde anscheinend übersehen und vergessen. Freilich beneidenswert war sein Los nicht. Wochen-, ja monatelang mußte er, so oft der Schlüssel an seiner Zelle rasselte, damit rechnen, daß er nun auch ,, er­ledigt" werde. Darüber verlor er, wenn nicht die Nerven, so doch bei­nahe die Stimme, so daß er nur noch heiser flüstern konnte. Oft habe ich ihn besucht und er versicherte mir jedesmal seine Unschuld und völ­lige Uneingeweihtheit in die angeblichen Putschpläne seines ,, Stabs­chefs". Ein besonderer Trost waren ihm die Gefängnisgottesdienste, bei denen er das Harmonium zu spielen begehrte. Endlich kam er fort wie er bekannte und wollte nichts mehr von Politik und ganz und SA wissen, sondern glücklich sein, wenn er wieder als einfacher Lehrer die Schuljugend unterrichten konnte. Denn ,, der unterste Weg so hatte der alte Vater ist der sicherste", man fällt nicht hoch herab von Bodelschwingh, der Gründer der Betheler Anstalten, mit Recht gesagt...

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Daß die in Stadelheim erschossenen ,, Röhmlinge" nicht die ein­zigen Opfer des 30. Juni 1934 waren, ist längst bekannt. Aber mit ihnen begann eine völlig neue Epoche der deutschen Justiz mit all ihrer himmelschreienden Gesetzlosigkeit und Willkür, wie sie die Rechts­geschichte nicht nur in Deutschland - noch nie erlebt, ein decen­nium obscurum iustitiae ohnegleichen. Wie sich dieses obskure Jahr­zehnt in der Hauptstadt Bayerns auswirkte, wo gar bald sämtliche Hinrichtungen aller in Bayern und den Nachbarländern( Salzburg , Ti­rol, zeitweise ganz Österreich ) zum Tode Verurteilten, die sogenannten ,, Todeskandidaten", hinter Stadelheims Mauern geköpft, erschossen oder erhängt bzw. erwürgt wurden, soll im Folgenden vom Gesichts­punkte eines Seelsorgers aus unter Heranziehung zahlreicher Original­belege zu schildern versucht werden zur Warnung künftiger Geschlech­ter, damit forthin das Recht als unantastbar gewahrt und nimmermehr gebeugt werde, denn nur ,, Gerechtigkeit erhöhet ein Volk."

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