auf. Denn er war es damals gewesen, der ihn von einem Abschied von Kitty Bergner zurückhielt und sie dann in die quälendste Unruhe stieß. Nun fühlte er sich frei, frei von Selbstvorwürfen. Aus diesem Hochgefühl heraus war er mehr denn je geneigt, sich den köstlichen Empfindungen eines neuen Lebenswillens völlig hinzugeben.
Während des Gesprächs mit dem Major hatte er nicht einen Moment seine Blicke von der imposanten Erscheinung Schwester Irinas abgewandt. Welch' eine schöne Frau, trotz der schmucklosen Schwesterntracht. Welche Haltung!
Sie stand da in ihrem schwarzen Kleide, mit dem weiBen Kittel darüber und der weißen Haube auf den hochfrisierten schwarzen Locken, wie eine Königin.
Er wußte keinen anderen Vergleich.
Ein paar Augenblicke später hatten sie gemeinsam am Bette der Frau Bergner gestanden. Diese Minute hatte genügt, die suchende Stimme seines Innern zur hellen Flamme des Herzens zu entfachen.
Eros, der Gott der Liebe und ewige Erneuerer des Menschengeschlechts hatte seinen Pfeil auf ihn abgeschossen und ihn mitten ins Herz getroffen.
Auch sie wollte ihm nahe sein.
Mit dem Instinkt des Mannes wußte er, daß es sie zu ihm trieb.
O, wunderbare Schickung!
Sollte er wirklich an ein persönliches Glück denken dürfen?
Aber mitten in dem befreienden Gefühl überkam ihn der Schreck, daß alles nur Einbildung sein könne und auf der Wirkung des Frühlings beruhe. Er erinnerte sich seiner Primanerzeit, wo er von einem Mädchen, dem er sich auch so schnell zu nähern gewagt hatte, ausgelacht wurde.
Ging's ihm heute vielleicht ähnlich so?!
Aber Gewißheit mußte er haben. Er schalt sich einen Feigling. Wahrlich, es wäre ihm leichter gewesen, im
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