Die Sklavenketten der Gefangenen Theresienstadts lagen am Boden, und diese, die jahrelang unter den größten Qualen ihr Leben tragen mußten, waren frei. Sie waren frei, gewiß! Aber geschädigt und gesundheitlich erschüttert für lange Zeit, vielleicht für immer. Sie konnten nun, jetzt Herr ihres Willens, ein neues Leben beginnen. Und sicher wird ihnen eine gutgesinnte und einsichtsvolle neue Regierung beim Wiederaufbau ihrer Existenz und Heilung der geschlagenen Wunden behilflich sein.
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Ein alter Park mit tiefverschatteten Bäumen, die zum Ausruhen einluden, lag inmitten des Hohenelbe- Krankenhauses.
Hier fuhr Manez an dem Wachtposten vorbei durch die Einfahrt.
Peter Vagas sprang aus dem haltenden Auto, um sich bei der Aufnahmestation zu erkundigen, wo er die Adresse von Kitty Bergner zu erhalten hoffte. Den Freunden erschien alles neu und fremd, als hätten sie diesen Ort nie gesehen. Manez betrachtete indes die Statue der Kaiserin Maria Theresia , welche an vier verschiedenen Plätzen des Parkes, auf einem Sockel ruhend, ihm in immer gleicher Gestalt und Aufmachung in der Tracht der damaligen Zeitmode mit der Krinoline, der Wespentaille und der weißgepuderten, hohen Lockenfrisur, ihr steinernes Antlitz freundlich lächelnd zuwandte. Sie hielt einen Spiegel in der einen Hand, in dem sie sich wohlgefällig musterte. Wie sich der Beschauer dem Standbild gegenüber auch verhielt, er empfing immer den gleichen Eindruck.
Das Hohenelbe- Krankenhaus beherbergte in seinen vielen Räumen nicht nur Krankenstuben, Apotheke, Sprech- und Untersuchungsräume der Ärzte, es befanden sich auch die Diätküchen und die Baderäume in den unteren Stockwerken des großen Gebäudes.
Endlich kam Vagas zurück. Er hatte die Adresse bekommen. Manez schloß den Wagen ab. Die Freunde bestiegen die breite Treppe zu den oberen Räumen des
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