kein Zweifel mehr, daß die Russen auf die Stadt mar­schierten.

Eine Geheimorder hatte dem SS- Obergruppenführer und Lagerkommandanten Rahm die Nachricht übermit­telt, wonach am 10. Mai auf das vereinbarte Signal zweier Kanonenschüsse Theresienstadt besetzt werden sollte. Die deutschen Truppen lägen zum Kampf ge­rüstet mit aufgepflanzten Seitengewehren in den gegen­überliegenden Sudeten .

Tatsächlich waren dann auch die Schüsse gefallen, durch die ein österreichischer gefangener jüdischer Oberst am offenen Fenster seines Zimmers beim Ra­sieren getötet sowie eine Krankenschwester aus dem Hohenelbe- Krankenhaus schwer verletzt wurde.

Neben dieser Geheimorder hatte der Lagerkomman­dant noch eine andere geheime Meldung vom Reichs­führer SS Heinrich Himmler erhalten, daß er am 5. Mai 1945 die gesamte jüdische Bevölkerung Theresienstadts von noch 18 000 Menschen vergasen sollte. Bislang konnte dieses Unternehmen noch nicht ausgeführt wer­den, weil die Gaskammern nicht früher fertiggestellt

waren.

Man denke, skrupellos sollten auf einem Schlage 18 000 ahnungslose, unschuldige Menschen hingeopfert und ermordet werden.

Kurz vorher war das Lager von der Schweizer Kom­mission des Roten Kreuzes besichtigt worden. Das Aus­land wußte somit, daß noch 18 000 gefangene Juden in Theresienstadt lebten. Aber trotzdem-

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Rahm, wohl durch die Anzeichen des nahenden Zu­sammenbruches des Hitler- Regimes gewarnt und durch die schon bekannt gewordene Nachricht des Sieges der Russen bei Prag aufgeklärt, entschloß sich, entgegen diesen beiden Ordern zu handeln.

Er rief das Schweizer Rote Kreuz mit dem Vorsitzen­den Dünan zurück zur Hilfe und teilte ihm den Plan Himmlers von der Vernichtung der jüdischen Bevölke­rung Theresienstadts mit. Danach entsetzte Dünan den

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