Ja, ein Kind, das war ihre ganze, große Sehnsucht. Hans und Helga waren vereinigt in jener hohen Liebe, die so alt ist, wie das Menschengeschlecht, und auch noch nicht stirbt, wenn der Boden hart und steinig und die Lebensbedingungen noch so ungünstig sind.

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Warten, warten, nichts als warten und hoffen auf eine bessere Zeit mußten sie, wie alle Gefangenen Theresienstadts. Bald sollten sie fühlen, daß alle De­mütigungen, die sie als Gefangene bisher durchkoste­ten, nichts waren gegen die Erfahrungen der kommen­den Zeit.

Wie schön war die Welt für den, der sich ihr rück­halflos widmen konnte und dessen Gefühle nicht im Widerstreite mit seinem Schicksal standen.

Bald sollten sie eine starke, seelische Belastungs­probe auskosten. Sie sprachen eigentlich wenig von ihrer Liebe, aber ihr ganzes Handeln entsprang die­

ser Quelle.

Eines Tages

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es war ein besonders langer Arbeits­kam Helga an der Seite ihres Mannes seltsam müde nach Hause.

tag gewesen

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Auf dem Boden herrschte noch reges Leben, als sie kamen. Dieser und jener Insasse war noch zu einer Plauderei geneigt, denn das junge Ehepaar Anthony erfreute sich in der Turmgasse rasch wachsender Be­liebtheit. Aber heute eilten sie durch die Reihen, nur hier und da freundlich grüßend, um schnell zu ihrem Lager zu gelangen.

Helga war müde,

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zum Umfallen müde. In der letz­ten Zeit sogar am Tage. Sie hielt sich nur krampfhaft aufrecht.

An ihrer Lagerstätte angelangt, entkleidete sie sich hastig und legte sich sofort nieder.

Sie schloß die Augen und schien eingeschlafen zu sein.

Auch Hans Anthony begab sich zur Ruhe, aber er lag wach und starrte in die Dunkelheit.

Was war mit Helga?

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