im Herzen und ein unsichtbares Gespenst im Nacken. Dafür waren sie eben alle Gefangene, ohne Recht und Freiheit.
Welch' ein Hohn!
Einmal nun durften alle Menschen hinaus aus den grauen Mauern ihres Gefängnisses, aber nicht in das goldene Land der Freiheit, sondern nur bis vor dessen Tor. Die unsichtbare Kette der Gefangenschaft schleifte ein jeder hinter sich her.
Eineinhalb Jahre kreiste man in müder Einförmigkeit automatisch zwischen den engen Straßen und Kasernen Theresienstadts von und zu der Arbeit. Ein Stück Natur auf der Bastei für eine kurze Freistunde zum Atemschöpfen war die einzige Erholung und gab einen Ausblick in das gelobte Land der Freiheit. Aber sonst nichts! Hinterher setzte die Qual doppelt stark ein, wenn man zurückkehren mußte in den engen, stinkigen Raum mit den vielen Menschen. Eingesperrt in das tägliche Joch.
Die Frauen, die vor Kitty standen, hielten ihre Kinder an der Hand und redeten eifrig auf sie ein. Wie brav die Kinder waren mit den sonnigen Augen und den herzigen Plappermäulchen. Sie mochten nicht still und ruhig auf einem Fleck bleiben. Wer konnte es ihnen verdenken? Sie jubelten, tollten, lachten und gebärdeten sich wie unbändige Füllen. Noch war kein Bescheid zum Vorrücken gegeben, da ließ man sie gewähren. Endlich, es war halb acht Uhr, da traf der Befehl zum Einrücken ein. Langsam setzte sich der Zug in Bewegung.
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Mitunter staute sich die Riesenschlange in den Straßen, dann gab es einen kurzen Aufenthalt.
Sie schob und wand sich vom Ende des Lagers, in der Bahnhofstraße anfangend, an den vielen Kasernen und Blockhäusern vorbei durch die Barrieren der abgesperrten Viertel, wo die SS- Posten sie durchließen.
Weiter ging der Zug über einen Feldweg an dem Krematorium und dem Friedhof und anderen Gebäuden
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