ruhten ihre Blicke auf den Gesichtern der Männer und Frauen, und sie sah, daß sie alle ein elendes und graues Aussehen hatten. Manche Augen schienen wie erloschen. Einige, darunter waren Peter, Manez und Hans Anthony, sahen noch frisch aus, wenn auch von dem Ernst der Stunde beeindruckt. Aber ihre Schultern hoben sich straff und der Rücken war gerade. Mancher mag sich an diesem Morgen die Frage vorgelegt haben: Werde ich wohl auch' mal so in der Reihe stehen? Eine gemischte Gesellschaft war's, die sich zusammengefunden hat, um den Toten ein letztes Gedenken zu weihen.
Nachdem alle Nummern aufgerufen waren, wurden die Särge auf einen Leiterwagen gehoben, um ins Krematorium gefahren zu werden, wo sie verbrannt werden sollten. Der Friedhof Theresienstadts war völlig überfüllt. Zwar versuchten die nächsten Angehörigen, einige Schritte mit dem schnell abfahrenden Wagen zu machen, aber er fuhr in großer Eile davon.
Mit versteinerten Gesichtern kehrten die Trauernden um und gingen nach Hause.
Auf dem Rückweg begleiteten die Freunde Peter Vagas in stiller Anteilnahme zurück, denn man merkte die außerordentlich tiefe Verzweiflung, in der er sich befand und die niemand stören mochte.
Eine große Neuigkeit durchlief Theresienstadt.
Vor einigen Tagen, hieß es, seien zwei junge Mädchen entflohen. Wie es ihnen möglich war zu flüchten, war jedem unverständlich. Niemand wußte darüber etwas auszusagen. Als die Zimmerälteste an dem bewußten Abend die Namen der jungen Mädchen aufrief, meldeten sie sich nicht.
Die Kommandantur verfügte eine schwere Strafe über die gesamten Gefangenen, falls sich die jungen Mädchen nicht wieder einfinden sollten. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, alle Spuren mit zu verfolgen.
So groß die Freude über die gelungene Flucht der beiden Insassinnen auch war, so groß war aber auch andererseits die Angst vor der kommenden Strafe. Es
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