essen. Kitty verstand alle Speisen, auch die aller­einfachsten, ungemein appetitlich anzurichten.

Der Neid und die Miẞgunst der Zimmerinsassinnen verfolgten ihr Tun mit Argusaugen. Eine jede hatte unter Hunger zu leiden, blieben aber von den Spei­sen der Kranken Reste stehen, so rührte Kitty sie nicht an, aber sie gab sie auch nicht den Zimmerinsassinnen. Sie hob sie auf, denn mitunter konnte sie sie immer noch der Kranken reichen.

Die Baronin bewegte sich schon langsam am Stock und ging auf Kittys Bitten mit ihr hinunter in den Hof­garten. So auch heute.

Hatte Frau Vagas schon vorher eine tiefe Sympathie für Kitty gefaßt, so kannte ihre Liebe und Dankbarkeit jetzt keine Grenzen.

Heute hatte es in der Nacht tüchtig geregnet, und trotz der Abendstunde hing noch die Feuchtigkeit in der Luft. Daher forderte Kitty auch die warme Über­kleidung für die Baronin, ehe sie mit ihr in den Garten hinunterging. Kitty sah lieblich aus, wie immer, und Frau Vagas fühlte die zärtlichsten Regungen für sie in sich erwachen. Am liebsten hätte sie Kitty in die Arme geschlossen. Leider aber erinnerte sie sich mit Wehmut an die letzte Unterredung, in der sie den sehnlichsten Wunsch ihres Herzens, Kittys Verbindung mit Peter, ausgesprochen, und wobei diese sich völlig passiv verhalten hatte.

-

-

Frau Vagas aber schob die Scheu der jungen Frau auf ihre eigenartige Natur. Für sie war es nur eine Frage der Zeit, daß sie die Frau ihres Sohnes würde. Heute sagte sie gleich beim Hinuntersteigen in den Garten zu der jungen Frau: ,, Töchterchen, ich habe mit Ihnen wichtige Dinge zu besprechen", dabei überreichte sie Kitty ein Päckchen, das sie aus ihrer Manteltasche her­ausnahm: ,, Nimm dieses Kästchen, mein Kind, und hebe es gut auf. Es fällt mir seine Obhut zu schwer. Der In­halt sind die letzten Reste meiner Schmuckstücke, die ich dir hiermit als Andenken hinterlasse. Meine Hilf­

238