Die Menschen hatten ihre Holzbänkchen zum Sitzen mitgebracht, auch Peter trug ein solches unter dem Arm.

Unter anderem erklang das Duett aus der Oper Aida. Eine herrliche Männerstimme sang die Arie des Amonasro mit seiner Tochter Aida: ,, Wiedersehen wirst du die duff'gen Wälder..., als Gattin dessen, den so sehr du liebest."

Die sinnliche Gewalt dieser Musik in ihrer farben­prächtigen Klangschönheit und Ornamentik, verbunden mit der Tragik des seelischen Inhaltes, lösten unter der Zuhörerschar tiefste Ergriffenheit aus, und ein wahrer Sturm des Beifalls erklang nach Schluß der Arie. Es war natürlich, daß gerade diese Musik so mächtig ge­packt hatte, um so mehr als der gefangene Athiopier König nebst Aida das ähnliche Schicksal hatten wie sie selbst, die da zuhörten, denn jene waren Gefangene des Pharaonischen Königs geworden. Und sie waren Gefangene Hitlers .

Kitty hatte sich erhoben und winkte Peter zum Fort­gehen. Sie sah beängstigend bleich aus. Peter folgte ganz verwundert ihrem Wink und verstand nicht, warum sie mitten im Verlauf des Konzertes ihren Platz ver­lassen wollte. Aber willig ging er voran und bahnte ihr so den Weg durch das Gedränge. Er geleitete sie ge­schickt über den Hof hinaus auf die Straße. Sogleich fragte er, ob ihr nicht gut wäre. Sie schüttelte stumm den Kopf und strebte mit schnellen Schritten weiter. Auch Peter konnte sich nicht verhehlen, von der Musik mächtig gepackt gewesen zu sein, aber was nun plötzlich in Kitty gefahren war, war ihm unbegreiflich. Doch war­tete er in Ruhe. Noch immer schritten sie stumm neben­einander her. Auch sein Leben war kahl und leer und erhielt nur Inhalt und Farbe durch seine Begleiterin, sonst war er Gefangener und bewegte sich gleich ihr, wie alle anderen, in einem engen, abgegrenzten Lebensraum.

Als Kitty an dem grünen Platz anlangte, an dessen Böschung sie zu sitzen pflegte, blieb sie stehen und ließ sich auf den Boden gleiten.

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