Freudestrahlend berichtete sie Kitty von dem zweiten glänzenden Verlauf der Operation, und daß das Glück, völlig sehen zu können, sie fast überwältigte.

Auch Kitty lebte sich ganz in den Zustand dieser wahrhaft glücklichen Frau hinein.

Immer wieder malte sich die prächtige alte Dame die Freude ihrer Kinder aus bei der Heimkehr, an die sie fest glaubte.

Wenn man mit Frau Neubeck zusammen war, so er­schien es fast wie eine Feierstunde, eine solche Innig­keit ging von dieser vom Schicksal anscheinend so sehr beschenkten Frau aus.

Und die Zeit schreitet weiter, mit ihr zugleich die schweren Prüfungen, Leiden und Entbehrungen der Ein­geschlossenen.

Mögen die Vorsätze zur Geduld und Stärke des Wil­lens die allerbesten sein, sie werden zerbrochen durch die Gewalt eines unerbittlichen Schicksals.

Frau Neubecks Herz war schwach, doch bei sorgfälti­ger Schonung und aufmerksamer Behandlung konnte sie gut noch einige Jahre leben.

Aber in Theresienstadt waren stärkende Herzmittel nicht in der Apotheke erhältlich.

Weder gab es Cardiazol- noch Coramintropfen noch Eutonon noch Dygitalis als vorübergehenden Turnus zur Unterstützung der Herztätigkeit. Alle diese Vor­sichtsmaßnahmen, um das Herz zu kräftigen, waren nicht vorhanden. Das einzige, was der Arzt verordnen konnte: die Bettruhe, tiefes Ein- und Ausatmen und vorsichtige Spaziergänge in der frischen Luft.

Da trat unvorhergesehenermaßen eine große Auf­regung ein, die unter normalen Umständen ohne Fol­gen geblieben wäre.

Eine Todesnachricht.

Die um ein Jahr ältere Schwester von Frau Neubeck war gestorben. Kitty hielt Frau Neubeck im Arm und tröstete sie liebreich. Es gelang ihr auch, die Erschütte­rung ein wenig zu dämpfen, allein in der Nacht traten

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