Herzkrämpfe auf und Frau Neubeck stöhnte laut vor Schmerzen.

Mit wahrer Angst im Herzen verfolgte Kitty den Vor­fall dieser prächtigen Frau. Sie wurde von diesem Zeit­punkt an immer kränker. Die Intervalle der Herzkrämpfe wurden kürzer, und es war ein wahrer Jammer, nun doch mit dem Tode der Frau Neubeck rechnen zu müssen.

Trotz des herrlichen Wunders, trotz der Tapferkeit dieser in der Gefangenschaft lebenden Frau schloß sie zehn Tage nach Empfang der Todesnachricht in den Armen Kittys die Augen.

Die Augen, denen ein so großes und herrliches Wun­der geschehen war.

DIE ERFÜLLUNG

Der wird das Leben am tiefsten bejahen, der es fäg­lich im Kampfe bestehen muß. Die Not in Theresien­stadt erforderte einen immer größeren Kampf. Denn das tötende ,, Nichts" drohte alle Menschen in seinen Abgrund zu reißen und jäh den Mut, sich gegen die Widerstände zu behaupten, zu erschüttern. Das erste Jahr der Gefangenschaft neigte sich seinem Ende zu.

Die kalten, erbarmungslosen Tagesbefehle der Kom­mandantur, die den Gang des Lebens aller Gefange­nen in Theresienstadt regelten, triumphierten als ge­waltige Macht in Gemeinschaft mit der wesenlosen Zwecklosigkeit. Für was, für wen schafft man?

Für wen sich mühen? Nichts blieb bei aller Arbeit für die Eingeschlossenen. Das freudlose Dasein zeigte sein dämonisches Antlitz durch das Nichts. In tausendfälti­ger Weise spiegelte sich das Leben jedes einzelnen in seinem Kampf gegen das unüberwindlich erscheinende, grauenhafte Schicksal seiner Gefangenschaft. Nach und nach erlahmte jeder.

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