Sie hörte genau zu und merkte sich jedes Wort. Das war ja herrlich, das war ja ein Wunder.

Kitty sprach es auch aus.

,, Liebe Frau Neubeck, dann ist für Sie Theresienstadt trotz aller schlimmen Prüfungen und Widerwärtigkeiten ein ,, Wunder" geworden.

,, Ja! Ein großes, unbegreifliches Wunder! Der Mann, der dieses Wunder schuf, ist der Professor Albrecht. Er hat die sicherste Hand, den schärfsten Blick und den uneigennützigsten Charakter, den Sie sich denken kön­nen. Er behandelt täglich Hunderte von Patienten und schenkt ihnen Leben und Gesundheit wieder.

Auch das andere Auge will er in den nächsten Tagen operieren, wenn ich, wie er sagte, die Geduld dazu auf­brächte.

O, wie gern will ich leiden, um dieses große Glück auszukosten und zwei ganz gesunde Augen wieder zu erhalten."

Ganz erschüttert nahm Kitty Frau Neubecks Hand und streichelte sie. ,, Welch tapfere Frau sind Sie nur. Und noch dazu in Ihrem Alter."

Die große weißhaarige Dame richtete ihren Ober­körper im Bette hoch, und ein seliges Lächeln umspielte ihren Mund.

,, Meine 76 Jahre sieht man mir nicht an, und wenn mir der liebe Herrgott gnädig ist, läßt er mich die Frei­heit erleben, daß ich zu meinen Kindern zurückkehren kann und auch ihnen die Freude schenken darf."

Kittys Hand war ausgeheilt.

Die Arbeit verschlang, wie immer, fast alle Muẞe, so daß lange Zeit verstrich, bis Kitty sich wieder mit Frau Neubeck unterhalten konnte. Sie war bereits aus dem Krankenhause zurückgekehrt und trug über dem frisch operierten anderen Auge zur Schonung noch eine schwarze Klappe. Auch ging sie täglich in die Klinik zur Nachbehandlung.

In wenigen Wochen, so sagte sie, sei sie völlig her­gestellt.

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