Kitty hatte einen Betriebsunfall gehabt.

Beim Heizen der Ofen hatte jemand vor ihr den lan­gen Feuerhaken gebraucht und ihn unvorsichtigerweise mit der verkehrten Seite aufgehängt. Als Kitty ihn an­faßte, griff sie in das noch glühende Eisen hinein und verbrannte sich dabei die Innenfläche der rechten Hand.

Auf der Unfallstation hatte man ihr gesagt, daß min­destens 14 Tage darüber hingehen würden, ehe sie wie­der ihrer Arbeit nachgehen könnte.

Durch diese unfreiwillige Muße konnte Kiłły zum erstenmal sich ihren neuen Zimmergenossinnen etwas mehr nähern.

Einige Frauen darunter waren ihr sehr sympathisch. Zum Beispiel eine alte Dame, Frau Neubeck, die durch ihre ruhige und feine Art überall Sympathie erweckte. Frau Neubeck hatte ebenfalls das Bestreben, sich die­ser jungen Frau Bergner anzuschließen.

Eines Tages zeigte sie ihr eine große Brille mit dicken Doppelgläsern. ,, Sehen Sie, Frau Bergner, diese Brille hier trug ich am Anfang meines Hierseins. Sie hat nur ganz schwach mein Augenlicht unterstützen können, denn ich war fast blind. Die großen, weißen Kerzen der blühenden Kastanienbäume konnte ich trotz dieser Brille nicht erkennen."

,, Und heute,"- ,, Sie können ja sehen!" stieß Kitty atemlos vor Überraschung hervor.

,, Ja! Ich kann sehen, ich sehe ohne Brille! Dieses große Glück habe ich dem Professor Albrecht zu ver­danken. Er hatte dieses Auge operiert, und durch seine Kunst hat er mich zum glücklichsten Menschen gemacht. Die herrliche Natur ist mir neu geschenkt und wieder erschlossen worden. Wenn ich zu meinen Kindern zu­rückkehre, was ich doch hoffe, so werde ich sie leib­haftig sehen können, ohne die Phantasie zu Hilfe neh­men zu müssen. Eine Welt ist mir neu geschenkt."

Sprachlos vor Staunen hatte Kitty zugehört.

Sie saß auf dem Stuhl am Bett der alten Dame, die soeben ihren Nachmittagsschlaf beendet hatte.

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