angelangt, fühlte sie eine erbärmliche Schwäche in allen Gliedern. Sie wehrte alle lästigen Fragen von sich ab. Streifte das triefende Zeug herunter und zog sich schnell um, dann eilte sie zurück an ihre Arbeitsstätte.

Neugierig schauten die Frauen die Zurückkehrende an. Die Sünderin Sachse sah zerknirscht aus. Wahrschein­lich hatte die Bergner drüben beim Chef gepetzt. Der Hinauswurf wird wohl nicht lange mehr auf sich warten lassen. Allerhand dunkle Angaben waren bereits über sie vermerkt und diese Schandtat würde genügen.

Frau Duka verlor ungern ihre tüchtigste Arbeiterin und hatte daher immer beide Augen zugedrückt. Sie blickte nun auch mit einiger Besorgnis auf Kitty.

,, Wo waren Sie denn so lange? Drüben beim Chef Meldung machen?"

,, Nein! Ich habe mich nur umgezogen."

Sie lächelte ganz leise. ,, Blöd", nannte Ingenieur Fer­ner dieses Lächeln. War es möglich? Die Bergner petzte nicht? Ganz verwundert schaute die Sachse zu Kitty hinüber-

Weininger hatte von nun an ein Sorgenkind.

Er wachte über Kitty. Sie merkte es kaum. Ihr Gesicht trug trotz aller Verträumtheit den Ausdruck eines klaren Willens.

Als der Arbeitstag von 10 Stunden vorübergehend auf 14 Stunden gesteigert wurde, um die Bekleidung für die Tausenden von Menschen der einlaufenden neuen Trans­portzüge zu schaffen, die völlig verhungert mit zer­fetzten Kleidern aus den Waggons herausgeholt und in die Entwesung eingeliefert wurden, betrug die Stück­zahl der täglich gereinigten Kleidungsstücke, die Kitty ablieferte, 110.

Eine erstaunliche Leistung, die von keiner anderen Frau erreicht wurde. Die Frauen sahen sich unterein­ander beschämt an.

,, Und früher haben wir soviel und so off über sie gelacht."

,, Sie hat es ja kaum bemerkt", tröstete eine andere.

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