sie jung war. Und meine Mutter ist für mich das Ideal aller Frauen. Heute zuerst nehmen Sie ihren Platz ein. Darf ich Ihnen diesen Schutz hier in Theresienstadt an- bieten?“
Kitty stand mit gesenktem Kopfe, und plötzlich reichte sie Peter impulsiv die Hand.„Ja! Auf gute Kamerad- schaft!“
Und so vollzog sich die Wandlung.
In ihrer tiefen, seelischen Bedrängnis hatte Kitty sich entschlossen, Peters Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er stand plötzlich in ihrem Leben und hatte zuvor gefragt, ob er auch ein Recht dazu hätte. Es gab allerdings Tage, wo sie schrecklich litt. Denn fern im Hintergrund stand jener Mann, dem ihr Herz gehörte. Bis jetzt hatte sie nie gewagt, auch nur mit einem Gedanken die Ver- gangenheit heraufzubeschwören, weil sie es einfach nicht ertragen konnte. Aber jetzt legte ihr die Gewis- senhaftigkeit diese Frage vor: mußte sie nicht Peter sagen, daß ihr Herz nicht frei sei?
Sie wollte es zunächst der Zukunft überlassen, wie sich ihr Verhältnis zueinander gestalten würde.
Peter hielt Kittys Hand beim Abschied lange in der seinen, und tief schaute er ihr in die Augen:„Gleiches Schicksal, gleiche Gemeinschaft.“
„Also dann auf Morgen um dieselbe Zeit.“
Peter Vagas’ Herz klopfte. Er sah die Überraschung, die sich in Kittys ‚Gesicht spiegelte.
Da lächelte sie, und in diesem Augenblick war ihr Antlitz zart überhaucht von einem inneren Licht, und sie war anzuschauen wie ein wunderschönes Bild. Dann sagte sie leise:„Recht gern!“
INDER FARBEREI
Die Tage gleiten dahin.
Mit der Kleidung und dem Schuhwerk sieht es immer schlimmer aus. Durch die ewige Nässe in der Färberei sind die Sohlen verdorben und lassen Wasser durch.
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12 Philipp, Die Todgeweihten


