bereits seit 6 Jahren Witwe. Bei einer Turnee durch Deutschland hatte die Gestapo sie festgehalten und sie kurzerhand, da sie von Geburt Jüdin war, nach Theresien­stadt bringen wollen.

Das Kind Sonja wollte man ihr abnehmen, doch die resolute Frau erklärte, Sonja sei jüdisch erzogen, und sie habe sie zum Judentum bestimmt.

Trotz des Stirnrunzelns und der ewigen Fragen der Beamten der Gestapo blieb Irena bei ihren Angaben und Sonja, der kleine, blonde Engel, konnte bei der Mutter bleiben.

Beide traten den Weg in die Gefangenschaft an.

Das Podium bestand aus einer größeren Anzahl von Brettern, die auf zwei Querbalken gelegt waren. An der Mauer hatten künstlerische Hände ein paar bunte Lappen befestigt und den Boden der Bretter mit einem uralten Teppich belegt. Dieser wurde jetzt zur Seite gerollt, denn Sonja wollte tanzen.

Sonja erschien mit einem tiefen Knicks vor der gespannt zuschauenden Menge auf dem Hofe. Das Gedränge wurde immer beängstigender. Eine solche Fülle von Menschen konnte selbst dieser große Hofplatz nicht fassen. Der Raum dieses Hofes war durch den Durch­bruch vieler kleiner anderen Höfe, die jetzt ein Ganzes bildeten, um das Zehnfache erweitert. Vermittelst die­ses Durchbruches waren ganze Häuserblocks miteinan­der von der Hinterfront aus verbunden.

Die Menschen saßen auf den Dächern der Häuser, auf den Terrassen, in den Bäumen, standen auf dem Rand der Brunnen und hockten schließlich auf kleinen Holz­bänken im Hof.

So ein Holzbänkchen war ein kostbares Stück Haus­inventar, nicht jeder konnte sich ein solches leisten. Man mußte mindestens dafür 10 bis 15 Schnitte Brot opfern.

Ja, das war ein Schauspiel, wenn die kleine Sonja tanzte. In London hatte man ihr Dank ihres großartigen Talentes eine Hauptrolle in einem Ballett anvertraut. Zuerst brachte sie einen Bauerntanz. Sie hatte eine

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