täglichen Lebens durch den freien Blick über die Natur erweitert worden, und mit einem wahren Freudentaumel hatte jeder diese Nachricht empfangen. Kein Wunder, daß Scharen von Menschen zu den Basteien strebten, um dort die kurze Erholungszeit zu verbringen.
Auch Kitty eilte, das knapp gefüllte Eßgeschirr in den Händen, die Treppe zu der Bastei hinauf und setzte sich dort unter einen Kastanienbaum auf den grünen Rasen. Nun war es das erstemal, die hellbeleuchtete Sudetenkette dicht vor Augen zu haben und Kitty konstatierte, daß dieses Land sicher sehr viele landschaftliche Schönheiten besitzen müsse. Könnte man nur einmal hinauf in diese Berge, die so verlockend herüberschauten.
Aber noch waren die Prüfungen nicht zu Ende, noch mußte man mit Geduld sein Schicksal tragen. Leider war sie immer noch eine Gefangene.
Ihr fiel das sehr schwer. In der Hauptsache deshalb, weil keinerlei Nachrichten eintrafen. Würde sie doch nur ein einziges Mal von den Lieben aus der Heimat einen Gruß bekommen. Sehr selten traf mal eine Karte von Elisabeth ein, aber seit langem hatte sie keine Nachricht von der Schwester erhalten.
Theresienstadt, die Stadt der Toten und Gefangenen. Die Stadt der Freudlosen und Gequälten.
Gab es überhaupt noch eine Hoffnung? Kam man jemals heraus aus diesem Gefängnis? War man nicht lebendig begraben?
Gerade dann, wenn das Wetter wie heute so schön war und alles herum im goldenen Licht erstrahlte, drückte die Schwermut das Herz heftig nieder.
Außerdem war Frau Heymann heute sehr häßlich zu ihr gewesen.
,, Frau Bergner, ich wünsche größere Pünktlichkeit. Die Uhr zeigt bereits ein Viertel auf acht."
Blutrot hatte sie eine Entschuldigung gemurmelt und sich auf ihren Platz gesetzt.
In der Tat saẞen alle Frauen auf den Bänken, und sie war die letzte gewesen. Die weichen, alten Kartoffeln
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