Familie abgeschlossen in einem Extrahause. Dieses Vier­tel war streng abgesperrt und hatte überall vor den Barrieren eine bewaffnete Wache stehen. An Orten, wo noch vor kurzem der Wind mit dem frisch aufgeworfe­nen Erdhügel sein Spiel treiben konnte und den vorüber­eilenden Menschen Sand in die Augen trieb, standen jetzt schon fertige Baracken zur Aufnahme der vielen Menschen, die aus allen Teilen des Reiches, wie auch aus den Nachbarländern in Transporten in Theresien­stadt eingeliefert wurden. Wo kamen nur die vielen, vielen Menschen her? Kitty hatte sich immer so sehr gewundert, daß die Transporte nach Theresienstadt über­haupt nicht aufhörten. Später hatte sie dann erfahren und auch selbst beobachten können, daß Theresienstadt ein sogenanntes Durchgangslager war, wo immer wie­der ein großer Überschuß von Menschen herausgezo­gen und nach anderen Konzentrationslägern verschickt wurden.

Sind denn immer noch so furchtbar viele Juden da, an denen Hitler seine Wut auslassen kann? Ganz ein­fach, sie kamen ja auch aus den vielen Nachbarländern: Dänemark , Holland , Belgien , Rumänien , ja selbst aus der Türkei .

War es ein Wunder, daß man noch enger zusammen­rücken mußte? Von der Raumwirtschaft wurden Sach­verständige in die Blockhäuser und Kasernen geschickt, wo sie begutachten sollten, ob für die vielen Neuan­kömmlinge Plätze frei seien. Selbst die Dachböden wurden alle belegt, nachdem sie vorher von ihrem Schutt und den jahrelangen Abfallstoffen gesäubert worden waren. Alles war gut genug für Lagerstätten der jüdischen Häftlinge.

Kitty ging jetzt etwas schneller die Hauptstraße ent­lang. Wer weiß, ob sie nicht ihre Essenszeit in der Ka­serne versäumte. Eine Uhr besaß Kitty lange nicht mehr, und sonst gab es in Theresienstadt außer der Kirch­turmuhr, die noch nicht auf ihrem Weg zu erkennen war, überhaupt keine Uhr. Mittagszeit ist es und nahezu

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