letzten Zeit sehr einfach bei uns geworden. Ich bin auch an Arbeit gewöhnt."

Herr Lauer lächelte spöttisch, und auch die Damen grienten verstohlen. Das kannte man ja, wie die vor­nehmen Damen arbeiteten. Sie mußten größtenteils von der Pike an angelernt werden. Und keine verstand ein Bett zu machen.

Mit wohllautender Stimme fragte Frau Vagas, ob sie einen Schrank erhalten dürfte. Die Antwort von der Zimmerältesten Frau Wienke erfolgte prompt:, Ihre Sachen, Frau Baronin, bringen wir schon irgendwie unter, Schränke haben wir alle nicht."

Währenddessen hatte sich Herr Lauer mit ein paar gemurmelten Worten von Frau Vagas verabschiedet. Die Damen eilten nun herbei, um mit munterem Ge­plauder beim Einräumen der Sachen mitzuhelfen und über die ersten Augenblicke der Verlegenheit den Neu­ankömmling hinwegzubringen.

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,, Sie schlafen doch auch so'n bißchen nach der Mittags­zeit, Frau Baronin? Wir tun das hier alle, bekommt ja so wenig zu essen." ,, Gewiß", pflichtete Frau Vagas bei ,,, das tue ich auch, aber wenn es geht, bleibe ich lieber im Freien." Und so geschah es.

Frau Ellen hatte sich gleich am Anfang sachte und vorsichtig der allzu aufdringlichen Vormundschaft der Zimmergenossinnen entzogen. Sie hatte ihr Leben in­nerhalb der Gemeinschaft geschickt selbst in die Hand genommen, wobei ihr eine gute Menschenkenntnis zur Seite stand.

Niemand der Insassen bemerkte oder empfand die kühle Reserve der Baronin, die sie unter dem Mantel der Liebenswürdigkeit verbarg. Frau Vagas brachte bei ihrer Evakuierung nach Theresienstadt einen trai­nierten Körper mit. Konsequent im Ertragen von Un­gemach aller Art. Wahrhaft spartanisch war ihre Selbst­erziehung gewesen. Ihre Mutter hatte sie nie gekannt, und ihr Vater versagte der einzigen Tochter keinen

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