an Rock und Jacke. Die Arbeit auf dem Markt schritt mit Windeseile voran. An Kitty vorbei strömte die junge Arbeiterschaft zum Eingangstor, wo der Posten jedesmal einen Blick auf den vorgezeigten Ausweis warf.
Mit freundlichem Morgengruß betrat Kitty den Kran- kensaal der Kinder, wo in der Ecke ihr weißer Kittel und Haube hingen. Sobald sie ihre Haube aufgesetzt hatte, trat sie an den Glasschrank, um die Thermometer zum Messen der Kleinen herauszunehmen.
Da trat Schwester Susi, ihre ältere Kollegin, ihr in den Weg und hielt sie mit den Worten fest:
„Sie hatten doch gestern nachmittag Dienst getan, Schwester Kitty. Wie ich heute morgen feststellte, war eine große Unordnung in den Glasschränken. Die essig- saure Tonerde habe ich nicht finden können.“
Mit großen Augen hörte Kitty schweigend die Vor- würfe an, nahm ihre Thermometer und wollte hinaus- gehen. Aber Schwester Susi hielt sie an:
„Wenn Sie sich nicht einmal entschuldigen können, muß ich es Dr. Behrend melden.“
„Lassen Sie mich mit ihren Vorwürfen zufrieden. Die Kinder müssen bis elf Uhr gemessen sein. Ich habe wirklich keine Zeit, mich zu streiten und auch keine Lust dazu.“ Sie schob Schwester Susi beiseite und ging aus dem Zimmer.
Schon lange merkte sie die Gehässigkeit der älteren Kollegin. War es: Neid? Warum eigentlich? Nun, Kity war hübsch, damit ist schon vieles gesagt, aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, nicht so tüchtig in den praktischen Dingen wie die ältere Kollegin. Susi Arn- holz war Arzttochter und von Jugend an die Atmosphäre der Krankenstuben gewöhnt, auch was die rein tech- nischen Dinge betraf, war sie Kitty überlege», und vor allem hatte sie eine praktische Ausbildung in einem Krankenhaus genossen. Während Kitty dagegen ihre Kenntnisse damals in dem Haushaltsinstitut erwarb und sich sonst nur durch Lehrbücher aller Art weiter gebildet hatte.
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