Er betrachtete es lange.
Schon als Junge und später als kaum flügge gewordener junger Mann schwor er sich, nur eine Frau zu heiraten, die seiner Mutter glich. Er fühlte in diesem Augenblick deutlich, wie fest sich dieser Gedanke bei ihm eingegraben hatte.
Plötzlich wurde er ernst. Es war also noch wie früher, und der Entschluß hatte noch die gleiche Macht über ihn. Die Mutter, die ihn mit tausend Banden an sich fesselte, war die Freifrau Irene Vagas von Bargen. Er war seiner Mutter freiwillig in die Gefangenschaft nach Theresienstadt gefolgt. Dieses zarte, kostbare Leben konnte und wollte er nicht allein lassen. Obgleich seine Mutter sich energisch zur Wehr setzte und ein solch' großes Opfer ihres Sohnes nicht annehmen wollte, hatte Peter schließlich doch gesiegt.
Es war für die Mutter kleine Kleinigkeit, vor die Wahl gestellt zu werden, entweder ihre restlose Einwilligung und Duldung in alle seine Bestimmungen zu geben, oder er würde sie und sich erschießen. Da erlahmte ihre Widerstandskraft, und sie ließ Peter gewähren.
,, Hör' mal, Hans", wandte sich Peter zu dem auf seiner Couche ruhenden Freund Anthony,„ hättest du nicht Lust, einen kleine Bummel zu machen?" Er hatte das Bild nicht in den Koffer zurückgelegt, sondern schob es in seine Brieftasche.
,, Ich finde Deinen Plan sehr vernünftig, frische Luft können wir gebrauchen, Peter. Du hattest da eben ein Bild. Würdest Du es mir auch mal zur Ansicht geben?" ,, Ja, gern! Hier!" Er reichte dem Freund die Photographie.
,, Entzückend, Deine Braut?"
,, Ach, gib her, es ist meine Mutter!"
,, So hast du immer noch keine Braut? Gedenkst du vielleicht überhaupt nicht zu heiraten?"
,, In meiner Lage, Hans, ist jedes Reden darüber überflüssig. Wie kann ich denn hier in der Gefangenschaft jemanden finden, der meinen Wünschen entspricht!"
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