Kitty und andere Frauen gingen schnell hinaus und trugen im Verein mit dem Hausältesten die große, schwere Dame auf ihr Lager. Es wurden die beengen­den Kleidungsstücke geöffnet. Der Hausälteste hatte nach dem Arzt geschickt. Allem Anschein nach lag ein Gehirnschlag vor.

Kitty fühlte den Puls, aber er war nicht mehr zu spü­ren. Sollte auch nun diesem Leben plötzlich ein Ende gesetzt worden sein?

Leider war es der Fall, denn nach kurzer Zeit erschien der Blockarzt und konnte nur noch den Tod der Frau von Hell durch Gehirnschlag feststellen.

Wieder war der Tod ins Zimmer getreten und hatte ein neues Opfer gefordert.

Die Lücken der verstorbenen oder abtransportierten Leute mußte sofort wieder ausgefüllt werden, denn in Theresienstadt trafen immer neue Menschenmassen ein, die Unterkunft beanspruchten.

So wurde ein Transport aus Berlin gemeldet und schon nach wenigen Stunden erschienen Berliner Frauen, die die freigewordenen Plätze einnahmen. Eine von die­sen Berlinerinnen hat nur drei Tage gelebt.

Von dieser Plötzlichkeit des Sterbens war selbst der hartgesottene Wachthund betroffen.

Wenn Kitty aus dem Kinderheim in das dumpfe und trübe Zimmer des Lagers trat, brachte sie eine Atmo­sphäre von Jugendlichkeit und Frische mit hinein. So­gar die Frau Seligmann, eine frühere Sängerin und Schülerin von Kittys verstorbenem Mann, wurde davon angesteckt. Dann kam es vor, daß Frau Seligmann abends noch ein paar Lieder zum Besten gab und zwar, um Kitty Freude zu machen, Lieder ihres verstorbenen Mannes, Rudolf Bergners.

Frau Perl, eine der Berlinerinnen, erkrankte in der Nacht heftig und rief dauernd den Namen ihres Man­nes. Da an Schlaf bei dem lauten Rufen nicht zu den­ken war, stand Kitty auf, eilte zur Torwache und gab dieser einen Zettel, worauf die Zimmernummer und der

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