schick hat ihn sehr mitgenommen. Er mußte nämlich sechs seiner Zimmerkollegen aufhängen. Das Los hatte ihn dazu bestimmt. Die Anordnung geschah von dem SS - Lagerkommandanten Joeckl. Die Vergehen dieser sechs zum Tode verurteilten Leute waren nur gering. Der eine Mann hatte Obst gestohlen, der andere illegal an seine Mutter nach der Heimat geschrieben und andere wiederum hatten Zigarettenschmuggel begangen."

Kitty war aufgesprungen.

,, Das ist ja furchtbar!" rief sie aus. ,, Konnte sich denn der arme Mann dem Befehl nicht entziehen?"

,, Nein, er wäre dann selbst zu der gleichen Strafe verurteilt worden. Es war unmöglich, sich dem zu wi­dersetzen."

Kitty zitterte.

,, Seit dieser Zeit scheint es mit ihm nicht ganz richtig im Kopfe zu sein, aber Dr. Gutmann will ihn nicht in die psychiatrische Klinik geben, sondern hofft, ihn selber gesund zu machen."

Eines Morgens, als Kitty sich in der Frühe im Bade­zimmer wusch, bemerkte sie hoch oben am Fenster, wo­hin das Tuch zur Verdeckung nicht reichen konnte, so daß ein freier Raum geblieben war, die Augen des Stehr auf sich gerichtet.

Sie erschrak. Völlig nackt, wie sie war, konnte sie in dem Moment nichts anderes tun, als das Waschen unter­brechen und sich schleunigst anziehen.

Der Mann mußte auf der Terrasse auf irgendeinen erhöhten Sitz geklettert sein, denn sonst wäre es gar nicht möglich gewesen, über diese Höhe hinwegzu­blicken.

Kitty ließ sich nichts merken und ignorierte den Vor­fall ganz und gar. Was sollte sie auch tun? Nur war sie doppelt vorsichtig und wusch sich in der Frühe nicht eher, als bis sie überzeugt war, daß auch das winzig­ste Stückchen des Fensters bedeckt sei.

In der Freizeit wurde Kitty umlagert von den kranken

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