„Fassen Sie nur Mut, Frau Larson, wir werden ihn schon wieder hochbringen. Haben Sie in Ihrem Koffer Haferflocken zur Hand, das wäre zunächst das aller- richtigste. Und heißen echten Tee wollen wir ihm ko- chen.“
Frau Larson bejahte. Darauf eilte Kitty trotz ihrer vielen Arbeit— denn sie hatte den schweren Treppen- dienst— die Suppe vorher in der Küche zu kochen und ließ sich die Haferflocken und den Tee geben. Als sie dann fertig war, ging sie mit den bereiteten Speisen in die Männer-Abteilung zu dem Kranken. Der saß kläg- lich in der Ecke des Zimmers und war in seinem Äußern überhaupt nicht wiederzuerkennen. Schlaff hingen seine Gesichtszüge herab, er mußte mindestens in der kurzen Zeit 40 Pfund abgenommen haben. Ihr gefiel sein kör- perlicher Zustand schon lange nicht. Immer wenn sie ihn sah, stutzte sie über die gelbe Farbe seines Gesich- tes und über seine Augen, die so trübe blickten.
Der Kranke klagte Kitty, wie schwer es ihm sei, seine Gliedmaßen des Nachts auszustrecken. Daher säße er aufgerichtet mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, anders wüßte er sich nicht zu helfen.
Kittys Fürsorge für die Familie Larson sollte sich bald noch intensiver betätigen können. Die Frau war völlig hilflos in praktischen Dingen, von dem Fräulein Loewen- herz überhaupt zu schweigen. Die letztere war übrigens eine sehr gelehrie, wissenschaftlich gebildete Dame, mit der Kitty viele anregende Unterhaltungen gepflogen hatte.
Der Mann wurde lebensgefährlich krank. Seine Über- weisung in das Krankenhaus der Sudetenkaserne stand bevor. Der Blockarzt wollte keine Verantwortung für den Kranken mehr übernehmen und hatte die Über- führung beschleunigt. Mit Hilfe seiner Zimmerkame- raden hatte man dem Erkrankten sämtliches schmutzige, besudelte Zeug von seinem Körper abgestreift und ihn in Decken eingehüllt auf die Bahre gelegt und forige- schaft.
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