Beispiel komme ganz gut mit ihm aus. Warte nur ab, und mache dir keine Sorgen."

Im Laufe des Nachmittags waren zwei Stunden frei. Der Hausälteste ordnete an, daß Frau Silberstein, seine Ordonnanz, die Hausbewohner zu einem Spaziergang durch Theresienstadt auffordere.

Diese Frau Silberstein war eine schlanke, schwarz­haarige junge Frau. Sie war von ihrem Manne geschie­den, der Arier war, und hatte ihren Mädchennamen wie­der angenommen. Sie war von einem unglaublichen Selbstgefühl besessen. Man mußte sich vor dieser flin­ken Zunge in acht nehmen. Ihren Kopf trug sie sehr hoch und ihren schwarzen Augen entging auch nicht das Ge­ringste in ihrem Gesichtskreis. Wie man sich erzählte, war sie der Liebling des Hausältesten.

Der erste Sparziergang durch die Stadt führte bis zu den abgesperrten Straßen des Lagers. Diese Spazier­gänge wurden nicht der Erholung wegen unternom­men, sie dienten hauptsächlich dazu, um die Neuan­kömmlinge in Theresienstadt mit dem ganzen Stadtbilde vertraut zu machen und ihnen Kenntnisse über die Be­deutung der abgesperrten Plätze der SS - Lagerkomman­dantur und ihres Stabes zu geben. Frau Silberstein erklärte in aufgeräumter und humoristischer Art dem Trupp nun alle diese Unterschiede der Straßen, Plätze und Gebäude und warnte insbesondere davor, eigen­mächtige Streifzüge durch Theresienstadt zu unterneh­men. Vor drei Wochen nach Ankunft dürfe niemand, ob Mann oder Frau, ohne Begleitung über die Straße gehen, sondern müsse immer in Trupps mit einem Anführer die Wege machen. Es könnte nämlich vorkommen, daß sich einige von ihnen verliefen und vielleicht in die ver­botenen Straßen gerieten, sie würden dann dort kurzer­hand erschossen. Obgleich ja überall Posten ständen und Barrieren die Straßen trennten.

Auch zur Essenausgabe des Mittags wurden die Be­wohner der Blockhäuser nach Aufruf ihrer Hausnummer mit einem Anführer in die ihnen zugeteilte Kaserne ge­

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