Sie sah den Hausältesten fragend an.
„Sie haben die Verpflichtung, den Zimmerinsassinnen . den Hausdienst jetzt gleich bekanntzugeben. Der Dienst beginnt am Morgen 6 Uhr in der Frühe. Er wechselt jede Woche in den Personen ab.
Frau Magnus machte eine bejahende Kopfbewegung.
„Außerdem mißt sich jede Dame ihren Lebensraum hier im Zimmer selber genau ab und zwar: 60 cm Breite und 180 cm Länge. Ich bitte mir absolute Ruhe aus. Nach 9 Uhr abends ist Sprechverbot. Nur ein Notlicht in der Toilette brennt während der Nacht.“
Stehr, der künftige Wachthund des Lagers, verschwand.
Noch herrschte eine beängstigende Ruhe, dann aber brach von allen Seiten ein unterdrücktes Weinen aus.
Ängstlich ermahnte Frau Magnus die Frauen zur Ruhe.
Aber das Stöhnen und Jammern nahm kein Ende.
Mit zitternden Händen fing jede der Frauen an, ihren Platz auszumessen, dann ließen sie sich auf den Boden fallen und stierten teilnahmslos vor sich hin, oder verbargen ihre Gesichter in den Händen. Plötzlich öffnete sich die Tür noch einmal und Frau Böhme stand auf der Schwelle. Lachend und strahlend wie immer trat sie ins Zimmer und forderte zwei Gepäckträger, die hinter ihr gingen, auf, ihre Koffer niederzusetzen. Nach- dem sie: die Träger verabschiedet hatte, eilte sie auf Kitty zu und impulsiv wie sie von Natur aus war, schüt- telte sie ihr nicht nur die Hand, sondern sie umarmte sie stürmisch in ehrlicher Wiedersehensfreude.
„Ich heiße Helene“, sagte sie.„Wir wollen Freudschaft schließen und uns gegenseitig helfen.“
„Wie freue ich mich, nicht allein zu sein“, erwiderte Kitty und nannte ihren Namen. Stumm unter Tränen küßten sich die beiden Frauen. Dann sprach Frau Böhme die Bitte aus, ob sie an der Seite Kittys liegen dürfe, was Frau Magnus ohne weiteres gestattete.
Nun begann die Zimmerälteste den Hausdienst für den kommenden Tag einzuteilen. Sie rief dabei die Namen auf und sagte:„Frau Rubinstein, Torwache,
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