Als der Zug auf einem freien Platz vor den Toren Theresienstadts einlief, eilten schon viele Menschen, die auf dem Perron gewartet hatten, den Vertriebenen entgegen. Man unterschied tschechische und deutsche Soldaten, darunter befanden sich die Posten mit den aufgepflanzten Seitengewehren.

Hochmütig stolzierten die wachhabenden SS- Offiziere umher und ordneten durch laute Befehle die Aufstel­lung der aus dem Zuge steigenden Personen an, da­zwischen warfen sie ihre beobachtenden Blicke auf das Verladen der vielen Gepäckstücke. Eine lange Reihe von Kraftwagen nahm die gewaltige Last der vielen Koffer und Schlafsäcke auf.

Die alten, gebrechlichen Menschen

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manche gingen

an Krücken, einige wurden in Rollstühlen gefahren-, wurden zur weiteren Beförderung auf Wagen gehoben und fuhren sofort ab.

Nachdem die jüngeren und frischeren Leute aussor­tiert waren, wurden sie von einem Posten auf einen weiten Platz geführt, der von einem Holzgitter umgeben war. Dort mußten sie warten. Sie hatten jetzt Muße und konnten sich die Gegend, in der sie sich befanden, ansehen.

Die hohen, waldbewachsenen Berge der Sudetenkette gaben in ihrer majestätischen Ruhe einen seltsamen Kontrast zu ihrer traurigen Lage. Ihre Silhouetten zeichneten sich scharf vom Horizont ab und schufen, umstrahlt von dem ersten Licht der aufgehenden Sonne, ein wunderbares Bild.

Kitty folgte mit besonderem Interesse der Entwick­lung des Abtransportes. Sie hatte nur eine Angst, ihre Leidensgefährtinnen, mit denen sie im Zuge schon ein wenig Fühlung gewonnen hatte, zu verlieren. Leider mußte sie feststellen, daß es der Fall war. Frau Lupis­kaja mit der kleinen Sonja, wie auch die anderen drei Frauen waren ihrem Gesichtkreis entrückt. Von den Abteilinsassen stand nur noch die Familie Larson in ihrer Nähe.

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