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Dieser Mann kreuzte nämlich im Jahre 1941 zum zweiten­mal meinen Lebensweg. Als die Gestapo im Mai 1941 Pfarrer Kratz von Bourgaltroff einsperrte, oblag mir die Pflicht. gegen die Verhaftung meines Kollegen Protest einzulegen, da dessen Unschuld feststand. Die Sicherheitspolizei von Sarrebourg verwies mich an ihren Vorgesetzten, der in Metz in der Rue aux Ours wohnte. Zu meinem grössten Staunen erkannte ich dort in diesem Chef den SS- Oberführer Dunkern, der in unserer Rilchinger Besprechung das grosse Wort ge­führt hatte. Der Fall Kratz wurde im Laufe unserer Verhand­lung nur nebensächlich erwähnt. Die Lage unseres Bistums aber kam während zweier Stunden zur Sprache. Da sich Dunkern sehr zuvorkommend zeigte, beklagte ich viele Miss­stände und machte auch der praktischen Vorschläge nicht wenige. Dunkern gab mir nun den Auftrag, alle zukünftigen Konflikte, die zwischen dem Klerus und der Staatsbehörde ausbrechen sollten, mit ihm persönlich zu regeln. Er wünsche ernstlich den vollen Frieden zwischen Staat und Kirche, sagte er mir. Seine Türe stünde mir zu jeder Zeit offen. Prälat Louis solle mir doch die nötigen Vollmachten fürs ganze Bistum und einen geeigneten Titel geben. Das Wort Archidiakon hätte einen zu fremdländischen Klang und beschränke sich ja nur auf den Kreis Château- Salins .

Generalvikar Louis gab mir nun schriftlich die verlang­ten Vollmachten und den bei uns unbekannten Titel<< Bi­schöflicher Kommissar». Die Gestapo von Sarrebourg ver­wechselte aber in ihren Korrespondenzen mit mir nicht selten die Worte und redete mich mit« kommissarischem Bi­schof» an. In einer Dieuzer Versammlung begrüsste man mich gar mit« Herr Bischof.>>

Der neugebackene bischöfliche Kommissar hatte mit dem Gestapochef Dunkern zahlreiche Besprechungen, was auch zu einem ausgedehnten Briefwechsel mit Dunkern und mit dessen Untergebenen Anlass gab. Darüber erfolgt nun ein nicht uninteressanter Bericht.

2. Meine persönlichen Erlebnisse.

Seit Januar 1941 pflegten wir Geistlichen des Archidia­konats Château- Salins in der Kirche von Bénestroff Monats­exerzitien abzuhalten. Diese religiöse Uebung war für Mon­tag, den 28. Juli 1941 wieder einmal angesagt. Morgens sieben Uhr drangen zwei Gestapoagenten in mein Büro und ver­langten eine dringende Besprechung mit meinem Kaplan Alois Lang, der jedoch um diese Zeit die hl. Messe in einem Nachbardorf las. Das Gestapoauto sauste dorthin und brachte den Gesuchten zu mir nach Dieuze . Der junge Geist­liche wurde aufgefordert, mit nach Sarrebourg zu fahren. Man versicherte uns, er käme nach einem kurzen Verhör sofort wieder zurück. Einer der Beamten flüsterte mir ins Ohr:« Ihr Kaplan soll Wäsche und Kleider mitnehmen.>> Abbé Lang packte schnell, fuhr ab und blieb bis zum Sommer 1945 von seiner lothringischen Heimat getrennt.