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MIT MIR IN AMERIKA

immer mehr zu einem Spiel der Ideen, unter denen erfreulicher­weise die Idee der Freiheit und der Humanität überall obenan steht, und lernte in manchen Fällen sogar in Versen sprechen. ,, Was ist das Theater anderes als eine weltliche Verbeugung vor Gott ?" schrieb ich vor Jahren einmal bei Betrachtungen des Hofmannsthalschen ,, Salzburger Welttheaters" im Salzburger Dom , ohne zu ahnen, daß ich damit ein Hollywooder Rezept für die Zeit des zweiten Weltkrieges schrieb. Denn im Holly­wooder religiösen Film, Werfels Bernadette zum Beispiel, über die in den amerikanischen Kirchen gepredigt wurde, transzen­dierte die Schaubühne wirklich in dieser gottgefälligen Rich­tung. Wogegen die Hollywooder Historiographen freilich ein­wenden werden, daß es hier schon vor zwanzig Jahren einen weltumspannenden religiösen Film, die Heilandsgeschichte unter dem Titel ,, King of the Kings", gab. Richtig. Aber während in jenem materialistischen Zeitalter, in dem alles und jedes, auch das Höchste, auf die Materie zurückgeführt wurde, die markt­schreierische Ankündigung darauf hinauslief, daß der Producer die Dornen für des Heilands Dornenkrone sich eigens aus Palä­stina verschrieben hätte, ist der religiöse Film von heute wirk­lich und ohne Anpreisung religiös. No time for comedy

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auch hier. Hollywood versteht heute alles, nur keinen Spaß.

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Die Frage entsteht: Hat der Hollywooder Venusberg sich wirklich und endgültig in einen Kalvarienberg verwandelt? Sie ist natürlich zu verneinen. Hollywood ist nur ein Spiegel. Vor Pearl Harbour lächelte es, weil ganz Amerika angestrengt, und manchmal für den nüchternen Besucher sogar anstrengend, lächelte. ,, Keep smiling" war damals die Parole, an die auch noch die Toten gebunden blieben, wenn am Tag nach ihrem Ableben zusammen mit der Todesanzeige ihr Bild in der Zei­tung erschien; es wird nach dem Krieg wieder die Parole werden und dann wird auch Hollywood sich die Denkerfalte von der Stirne wischen. Inzwischen aber mußte auch Amerika