DER ROSENKRANZ DES PATERS SERRA

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Die Story ist in Hollywood alles und alles wird hier zur Story. In dieser palmwipfelüberwehten Märchenstadt mit ihren Tausenden verspielter kleiner Holzhäuser oft so klein, daß sie aus nichts als einer übergroßen Porch zu bestehen scheinen--­ist man buchstäblich unter Blumen begraben. Um sich aus diesem nicht immer heiteren Grabe herauszuarbeiten, bedarf es wie im Märchen nur einer Kleinigkeit: daß einem im rechten Augen­blick das rechte Wort einfällt. Dieses Schlüsselwort aber ist in jedem Falle die Story, durch die man in Hollywood im Hand­umdrehen reich und berühmt werden kann. So versichern dem Glücksucher zumindest die Eingeweihten, deren Versicherung nicht ganz ernst zu nehmen er freilich gut tun wird. Es ist nicht so einfach. Die Story muß nämlich eine für den Moviegebrauch verwendbare sein, und das ist schon eine nicht unbeträchtliche Erschwerung, die an die hinterlistige altrömische Testaments­bedingung erinnert, wie sie der junge Jurist in den Pandekten lernt: ,, Ich vermache dir mein ganzes Vermögen für den Fall, daß du mit dem Finger den Himmel berührst!" Ein Scherz! denkt der beglückte Erbe beim Leichenbegängnis des guten Onkels, von dem sich erst später herausstellt, daß er gar nicht gut, sondern äußerst boshaft war. Es stellt sich auch in Holly­ wood in neunundneunzig unter hundert Fällen heraus. Eine gute Story, so lautet eine klassisch gewordene Hollywooder Definition: muß sich in zwei Sätzen erzählen lassen. Aber die Tatsache, daß im turbulenten Hollywood und in dem angren­zenden lieblich verträumten Beverly Hills , Tag für Tag von morgens bis abends zwanzigtausend Menschen ebenso ange­strengt wie vergeblich über diese zwei Sätze nachdenken, spricht nicht dafür, daß sie so leicht zu finden wären.

Es geht mit diesen zwei Sätzen wie mit einer Hollywooder Adresse. Sie ist ganz leicht auf einer Visitenkarte notiert, aber in Wirklichkeit kaum aufspürbar, wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann. Dies aus Gründen, die man erst schrittweise