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MIT MIR IN AMERIKA

sechzig verschmähen diese Haartracht, dafür bevorzugen sie zitronenfarbene Pyjamas oder himmelblaue zu ihren auf­gesteckten Silberlocken. Nur an den allerheißesten Herbsttagen - der Herbst ist hier der Sommerlegen sie noch einen Pelz über die leise fröstelnde Matronenschulter. Er ersetzt ihnen den ,, Bettvorleger".

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Ist die kalifornische Küste ein Rosenkranz von landschaft­lichen Köstlichkeiten, so Hollywood ein Theaterschmuck, der nicht an, doch über diesen Köstlichkeiten hängt. Dem ame­ rikanischen Zeitungsleser ersetzt er in einem unromantischen Land die Romantik. Hier finden die großen Scheidungen statt, die in die großen Blätter kommen, und hier oder von hier aus werden Lustfahrten auf weißen Jachten unternommen, deren unschuldige Teilnehmerinnen den Kapitän der Jacht, der der geliebteste Mann in Amerika ist, nachher mit Vaterschafts­klagen belästigen oder wegen geraubter Unschuld verklagen. In Wirklichkeit ist es nicht halb so schlimm. Hollywood ist genau so moralisch und genau so unmoralisch wie jeder andere Punkt der bewohnten Erde, wo morgens die Sonne aufgeht und abends untergeht, und wenn man von dem Unfug, der sich hier manchmal ereignen soll, häufiger in den Zeitungen liest, so nur, weil die daran Beteiligten weltbekannte Namen tragen und ihr Publicity- Agent ein Interesse an der Verbreitung des Echos ihrer Taten und Untaten hat. Dafür, daß sie nicht zu weit gehen auf der Leinwand und im Leben, sorgt schon das wach­same ,, Hayes Committee", diese andere theresianische Sitten­kommission, nach außen hin und pro foro interno die Kirche, die den Rosenkranz, auch in Hollywood , nicht ganz aus der Hand gibt. Was jenes sagenhafte Komitee betrifft, so kann man die gouvernantenhafte Hartnäckigkeit, mit der es die guten Sitten verteidigt, am besten daran ermessen, daß erst im dritten