PIONIER

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hier aufgepflanzten Riesen ein Montblanc. Aber man wird sicher früher oder später einen künstlich herstellen. Denn bekanntlich ist Amerika das Land der unbegrenzten Möglich­keiten, wenn auch, wie man seufzend hinzufügen mag, ebenso das der leider nicht begrenzten Unmöglichkeiten.

Colorado Springs , ein Interlaken ohne Seen, besteht für den eiligen Durchzugsgast in der Hauptsache aus einem Hotel, einem Kurhaus, einem Kriegerdenkmal und einem gewiß mit Recht berühmten College. Sein Theater- Department, von dem schönen Ehrgeiz erfüllt, es dem europäischen Salzburg gleich­zutun, will demnächst sogar den Hofmannsthalschen Jeder­mann" aufführen. Nur das Happy- End in das todselige Mira­kel einzubauen, macht noch einige Schwierigkeiten.

Das Kriegerdenkmal erinnert bei Ausbruch des Krieges der Deutschen gegen Rußland friedlich an den Civil War, gegen den auch die hartnäckigsten amerikanischen Isolationisten nichts mehr einzuwenden haben. Es besteht aus einer Kanone, die von der anderen Seite der Straße das freundliche Hotel be­schießt. Neben dem aufgeprotzten Kanonenrohr liegt zur Pyramide geschichtet eine Anzahl erzener Kugeln, die der Verfertiger des Denkmals, um dem Ganzen mehr Ansehen zu geben, ungefähr doppelt so groß gegossen hat, als es der Mün­dung des Rohrs entspricht. Die bekannte Schwäche des Ameri­kaners für superlativische Übertreibung rächt sich hier auf eine heitere Weise.

Verglichen mit dem uns bereits geläufigen Amerika macht Colorado einen eher italienischen Eindruck, obzwar das Italien Amerikas mehr ein Spanien ist. Die Burschen tragen vielfach weitschattende, flache Kalabreser, verwegene Schlipse und Wildwest- Hosen, die, um die Schenkel flach anliegend, sich von der Wade abwärts tulpenförmig erweitern. In den Luxus­hotels, deren Bedienung ihnen obliegt, empfehlen sie sich einer begüterten, auf opernhafte Reize ausgehenden Kundschaft