DAS ANDERE AMERIKA

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rand erinnern. Das sind die vielgerühmten Adirondacks, wo die eleganten ,, summer resorts" und Badeplätze im Schatten schwarzgrüner Wälder blühen. Doch wählten wir, unseren be­schränkten Geldmitteln entsprechend, eine wohlfeilere Sommer­frische in entgegengesetzter Richtung am sogenannten Winne­pesaukee- See im frischgrünen New Hampshire . Das ist ein noch vorlängst indianisches Siedlungsgebiet, wo der Farmer bei jedem Spatenstich auf indianische Pfeilspitzen und die als Geld­zeichen verwendeten Kieselsteine stößt. Auch das Wort Winne­pesaukee ist indianisch und heißt auf Deutsch ,, Das Lächeln des großen Geistes". Kann man sich eine anzüglichere Adresse für einen älteren Literaten mit üblen Erfahrungen träumen? Mit Lust ließen wir uns an dem so akademisch scherzenden Ufer, im freundlichen Wolfeboro, nieder, das sich selbst mit einem unvermeidlichen amerikanischen Superlativ als ,, älteste ameri­ kanische Sommerfrische" bezeichnet. Übrigens ist der Wolf in Wolfeboro kein Wolf, sondern ein englischer General, der dieses Gebiet im achtzehnten Jahrhundert erschlossen hat.

Der Winnepesaukee ist ein merkwürdiger See auch insofern, als er weniger aus Wasser als aus Inseln besteht. Im ganzen sollen es dreihundertfünfundsechzig sein, für jeden Tag des Jahres eine andere, wie die Eingeborenen behaupten, die sie gezählt haben. Eins dieser Eilande heißt die ,, Klapperschlan­geninsel", was allerdings mehr die Phantasie anregt als den Besuch. Ein antidiluvianischer Raddampfer windet sich zweimal täglich rastlos an ihnen vorbei unter beträchtlicher Lärmentwick­lung. Wenn er ankommt oder abfährt, weiß es immer die ganze kleine Stadt. Der Lohn der vierstündigen Fahrt, von den Inseln abgesehen, an denen man nicht aussteigt, ist eine ganz uner­wartete Aussicht auf das auch im Sommer frühlingsgrüne Ge­lände, das den lauen See von allen Seiten smaragden um­schließt. Indem es bei wachsender Entfernung vom Ufer be­scheiden zurücksinkt, entschleiert sich ein höherer Berg, der in