NEW YORK UND DER NICKEL

311

einer bezaubernden Einfachheit: ,, Yes, he had a good educa­tion"- ,, Ja, er hat eine gute Erziehung gehabt."

Und wieder hatte ich, aus dem Munde einer großen Dame, eine Lektion in Demokratie davongetragen.

-

-

So lief am Ende doch alles auf ,, democracy " hinaus, die, wie sich immer deutlicher herausstellte, etwas ganz anderes war, als was selbst gute Demokraten drüben in Europa unter Demo­kratie verstanden hatten. Sie waren bestenfalls eben doch nur ,, Feudaldemokraten" gewesen, die den Begriff Gleichheit mit dem Begriff Elite in eine selbstbewußte Verbindung brachten. Der Unterschied kam schon im Wortbild zum Ausdruck. Hier in Amerika schrieb man democracy mit einem kleinen Anfangs­buchstaben, wie man auch Kaiser und Papst emperor und pontiff klein schrieb, dem Grundsatz der Gleichheit aller Menschen entsprechend. Aber diese kleingeschriebene demo­cracy war eine große Sache, wo unsere großgeschriebene doch immer noch mehr Volksfreundlichkeit als Volkssouveränität be­zeichnete. Bei ,, uns" wie die Emigranten mit Stolz zu sagen pflegen, wo sie es mit Demut sagen sollten neigten sich die Gebildeten dem Volke zu, das eine solche Haltung anerkannte. Hier war es gerade umgekehrt: das Volk neigte sich besten­falls den Gebildeten zu, die eine solche Haltung dankbar an­zuerkennen hatten. Denn für die Gemeinschaft war der ein­zelne geschaffen, nicht die Gemeinschaft für den einzelnen, wie wir, große Feudalherren oder kleine Lehensträger des Geistes, dünkelhaft voraussetzten. Es war mit der großmütigen Fest­stellung nicht getan, daß wir alle im Volke unsere Mutter zu verehren hatten, von der wir alle abstammten, die einen drei­hundert Jahre früher, die anderen dreihundert Jahre später, wie ich es einmal auszudrücken versucht hatte.

-