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MIT MIR IN AMERIKA

Seine Gestalt hebt sich vom Hintergrund der Geschichte vor­teilhafter als die jedes anderen Refugié ab. Man darf nicht vergessen, daß Amerika halb französisch war, bevor es ganz amerikanisch wurde, und daß die Freiheitsstatue, an der jeder europäische Besucher New Yorks zuerst vorbeikommt, das Werk eines französischen Künstlers ist.

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Meine erste Erfahrung in New York , wie die eines jeden, der die ,, Wunderstadt" nicht nur betritt, um sich von Europa zu ent­fernen, sondern um sich Amerika zu nähern, war also, daß New York zwar eine weltberühmte Sky- Line hat, daß aber diese Himmelslinie nicht an jeder Straßenbiegung auf uns wartet. Aber von dieser unvermeidlichen Erfahrung abgesehen reizend war es, in diesen ersten Monaten New York zu erfah­ren. Jeder Schritt war eine Belehrung, die Luft, die ich neu­gierig einsog, war mit Lehrstoff förmlich geladen. Für den Schriftsteller war es Ozon, denn ein Schriftsteller ist ein von Natur neugieriges Lebewesen, das ohne diesen Sauerstoff, den ihm einatmende Beobachtung zuführt, verkümmert.

Ich trat morgens aus dem Haus und wurde beinahe um­gerannt von einem um die Ecke biegenden Rollschuhengel, einem schönen Mädchen in Knabenkleidern, das, wie sich später herausstellte, jeden Tag um dieselbe Zeit den Block, in dem ich hauste, umkreiste, vielleicht, um abzunehmen oder weil sie unglücklich verliebt war. Sie lächelte im Vorbeirutschen, teils weil sie dazu erzogen war, zu lächeln, teils weil sie mir vermut­lich die Neugier vom Gesicht ablas und daran erkannt hatte, daß ich einer dieser zahllosen Emigranten wäre. Denn ich war der einzige unter den Tausenden, an denen sie vorüberglitt, der sie anglotzte, weil sie rollte statt zu gehen, was doch überhaupt kein vernünftiger Mensch mehr tut.