NEW YORK UND DER NICKEL

293

offenbar weil sie nicht nach dem Modell einer richtigen Mystery Story gebaut war. Der sonstige Inhalt meines Dachauer Auf­enthaltes, den ich ja an dieser Stelle meines Buches als bereits bekannt voraussetzen darf, schien ihm wenig Eindruck gemacht zu haben. Er wußte darüber in der Hauptsache nur zu berich­ten, daß der Autor ein Mann in mittleren Jahren wäre, der an Wassersuchtssymptomen litt. Daß diese Wassersucht die Folge der mir und uns allen zugemuteten Behandlung war, schien diesem Freiheitsfreund im klassischen Lande der Demokratie keineswegs erwähnenswert.

Ähnliche Erfahrungen wie mit meinen in Amerika zu Papier gebrachten Dachauer Erinnerungen machte ich auch mit meinen Novellen und Artikeln, die alle too continental" oder ,, too much of an essay" waren. Doch erwähne ich dies nicht, um mich meiner Mißerfolge öffentlich zu berühmen, sondern weil ich diese meine Erfahrungen und Enttäuschungen mit der über­wiegenden Mehrheit der in diesen schlimmen Jahren aus dem Osten eingewanderten Literatur teile. Beim besten Willen Amerikas , an dem nicht einen Augenblick zu zweifeln ist, konnte das europäische Schrifttum nicht im Handumdrehen assi­miliert werden. Es ging den italienischen und spanischen und belgischen, den schwedischen und den Schweizer Autoren nicht besser als den österreichischen und den deutschen . Die unga­rischen kamen, zumal in Hollywood , etwas rascher vorwärts, vielleicht weil sie nebst viel Talent auch ein besonders an­passungsfähiges Talent haben, sicher weil Budapest , woher sie meistens stammen, als ein kleines Miniatur- New York eine ge­wisse, auch ideologische Ähnlichkeit mit New York aufweist. Auch die Franzosen bildeten vor und zum Teil sogar nach dem Zusammenbruch Frankreichs , als sie zahlreich wurden, eine halbe Ausnahme, auch dies aus guten Gründen und nicht nur, weil der Glanz und der Charme der französischen Sprache jeden französischen Schriftsteller mit einer Gloriole umgibt.