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MIT MIR IN AMERIKA

ist damit noch lange nicht gelöst. Es bleibt doch jeder noch eine Zeit dem Heimatboden verhaftet, bei

geraume Zeit

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jedem Schritt auf fremder Erde stolpernd. Kein Wunder, daß er in der Vergangenheit Trost sucht für das, was ihm die Gegenwart verweigert, und den Leuten erzählt, was er war, wie Virgils Aeneas, der klassische Emigrant, der am Hof der schönen Dido seinen Lebensbericht mit den klassischen Emi­grantenworten beginnt: Ich war ein Bürger von Troja." Auch auf Dante kann er sich berufen, der in der ,, Divina Come­ dia " hörbar seufzt, wie ,, hart es sei, fremdes Brot zu essen und fremde Treppen auf und ab zu klettern". Und waren nicht auch Adam und Eva Emigranten?

Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte ihrer Emi­gration.

,, Their losses are our winnings", sagte mir die liebenswür­dige Frau meines Affidavitgebers, mit dem Kinn nach Europa hinüberdeutend, als sie und ihr Mann mich am Pier in New York in Empfang nahmen.

Das ist ein schönes, ermutigendes, menschenfreundliches Wort, obwohl es naturgemäß für den Schriftsteller nicht ganz so uneingeschränkt gilt wie für die anderen liberalen Berufe. Der Professor hat es vergleichsweise leichter und auch der Musi­ker, beispielsweise. Beide sprechen eine Art Volapük, das auch in Übersee verständlich bleibt, der eine das Volapük der Wissenschaft, der andere dasjenige der Musik, dieser Aller­weltsprache der Seele. Sogar der Schauspieler kann, noch bevor er sich das Englische völlig angeeignet hat, eine sogenannte ,, Akzentrolle" spielen. Anders der Schriftsteller, der Dichter, dessen Wirkungsmöglichkeit, weit mehr, als er ahnt, an einen bestimmten Länge- und Breitegrad gebunden bleibt. Die beste Übersetzung ist doch nur eine Hand im Handschuh, und sich