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Mittelstadt sich südlich vom Horizont abzeichnen und, gegen Westen, zu ein paar Wolkenkratzern verdichten sieht. Diese Riesen stehen einem hier so nahe, daß man sie mit der Hand greifen zu können glaubt, was auf einer für New York bezeichnenden optischen Täuschung beruht. Wir Europäer schließen von der Größe eines Gebäudes auf seine Nähe, aber dieser Schluß gilt, wie sich zeigt, nicht für New York . Um sich ihnen wirklich und leibhaftig zu nähern, braucht es eine halbe Gehstunde, und dann sieht man sie nicht mehr, so gewaltig dehnen sie sich nach allen Richtungen vor unseren ratlosen Augen. Es sind Appartementhäuser, von denen jedes die Einwohnerzahl einer kleinen Stadt in tausend Wohnungen verschluckt hat. Übrigens tragen sie trotz ihrer Monumentalität ein ganz gemütliches, ja geradezu kleinstädtisches Wesen zur Schau, wenn man ihnen nicht zu nahe tritt. Erfreut stellte ich an einem von ihnen sogar eine Art von Kamin fest, aus dem der Riese im siebzigsten Stockwerk behaglich rauchte, ein sozusagen menschlicher Zug an ihm.
Um sich von der Riesenhaftigkeit eines solchen Burschen einen Begriff zu machen, braucht man nur gegen Abend das Rasenrund im Central Park zu umwandeln, dann bemerkt man plötzlich, daß man minutenlang im Schattenwurf eines jener dem Häuserberg aufgesetzten Türmchens ging, die äußerlich den Umriß einer unserer lieben österreichischen Barockkirchen vortäuschen. Aber wieder darf man von der Kilometerlänge dieses Schattens nicht auf die Größenverhältnisse der zellenartig übereinander gebauten Appartements schließen. Sie sind so winzig wie das Haus riesig ist; zwei Zimmerchen, und die Küche ist in einem Wandschrank untergebracht. Die Baugründe sind teuer, beiderseits des Central Parks; an der Fifth Avenue , so bin ich berichtet, kostet der Quadratmeter hundertzwanzigtausend Dollars. Keine Gefahr, daß ein Hitler - Emigrant sich da ankauft.


