DER HOLLE ZWEITER TEIL 265
teil.“ Worin ihm der Pferdedieb und der schlichte Raubmörder recht gaben. Im Lager, sagten sie, wird nicht gestorben, sondern verreckt.
Das über die Religion Gesagte kann ich aus eigener Erfah- rung nur bestätigen. Ich stand daneben, als ein katholischer Priester von einem SA-Mann inmitten einer johlenden Menge zusammengelaufener Gefangener durch die Frage in Verlegen- heit gebracht wurde, ob er denn wirklich und wahrhaftig an die unbefleckte Empfängnis Marias glaube? Und als der geist- liche Würdenträger, es war der Sekretär des Fürsterzbischofs von Salzburg , die Frage bejahte, ward ihm die Belehrung zu- teil:„Nicht nur daß sie sich von einem andern ein Kind hat machen lassen, hat sie dem alten Juden, dem Joseph, auch noch eingeredet, daß es der Heilige Geist gewesen ist.“
Als ich am Gründonnerstag, zwei Wochen nach unserer Ein- lieferung, unseren Stubenkorporal fragte, ob am Karfreitag— dem größten Feiertag im protestantischen Deutschland — ein Gottesdienst im Lager abgehalten würde, wurde mir die Ant- wort:„Was glaubst denn du? Sollen wir Pfaffen und Rabbiner ausfüttern für euch?“
Tatsache ist, daß an jenem Karfreitag genau so gearbeitet wurde wie an jedem anderen Tag, zehn Stunden, während eines Schneesturms, der später in Regen überging. Ich weiß das so genau, weil es mein Geburtstag war.
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Urväterweisheit, die sich erlauben durfte, selbst mit dem Tod zu scherzen, weil es schon so lange her ist, daß sie gescherzt hat, pflegte zu sagen:„Ein jeder findet sein Grab, wie der Be- trunkene die Haustür.“ In Dachau , wo man immer auf den Tod gefaßt sein muß, weil er die Haustür ist, gilt das gleiche von der Befreiung, und die den Weg nicht kennen, finden auch


