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HITLERS GAST

waren, selbstverständlich ,, wohlausgerichtet", in Viererreihen, den Heimmarsch antreten, was auch geschah. Wir machten ,, Kehrt euch" und marschierten, eine Kompanie hinter der anderen, im Paradeschritt bis zur Mündung der Lagerstraße zurück, um dort, in gestreckter Haltung tadellos schwenkend, in diese Avenue unseres Elends einzubiegen. In diesem Augen­blick aber geschah etwas völlig Unvorhergesehenes. Anstatt nämlich weiterzumarschieren und kompanieweise rechts und links in die Baracken abzufallen, wie es der Vorschrift entsprach, zersplitterten die Formationen und fluteten, allen drohenden Zurufen der Blockführer zum Trotz, von Kompanie zu Kompanie immer mächtiger anschwellend, durch die Lagerstraße. Daß die Zuchtmeister unsere Entlassung sadistisch bis zum letzten Fünk­chen Tagesschein hinausgezögert hatten, machte sie jetzt wehr­los. Es war völlig Nacht geworden, die Gesichter waren nicht mehr erkennbar und damit war auch alle ihre angemaßte Auto­rität beim Teufel. Sie mußten sich an den Rand des Stromes entfesselter Gefangener retten, der sie zu verschlingen drohte, und außerstande, das Chaos, das sie heraufbeschworen hatten, zu bemeistern, suchten sie jeder für sich das Weite, den ,, Sau­haufen", wie sie sich militärisch unbefangen ausdrückten, sich selbst überlassend. ,, Genau so wird es am Ende ihres Krieges aussehen!" flüsterten wir einander zu, eh' wir, in der Baracke angelangt, uns auf unser Strohlager warfen.

Die gequälte Kreatur weiß es am besten, und kein Tyrann, wäre er noch so mächtig und wachsam, vermag sein Schicksal dauernd vor ihr zu verheimlichen.

Nach den Schneestürmen, die im Frühjahr unsere unbe­schützte Arbeit gewürzt hatten, machte der Sommer im Lager sich nicht allzu unangenehm bemerkbar. Zwar die neugepflanz­