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HITLERS GAST
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Gebrauch von ihr und dies auf die einfachste Weise. Ich stand mit meinen verbundenen Füßen vom Bette auf und legte mich unters Bett, was nicht schlechthin verboten und in jedem Fall schwerer kontrollierbar war. Es war eine auf die Dauer etwas ermüdende Stellung und auch eine im Grunde ermüdende Literatur, die ich mir auf Umwegen aus der Lagerbücherei hatte verschaffen können: Treitschkes Geschichte der deutschen Befreiungskriege", Gustav Freytags ,, Bilder aus der deutschen Vergangenheit“ und Grimmelshausens deutscher Abenteurerroman ,, Simplicissimus". Dessenungeachtet muß ich die unterm Bett vertrödelte Zeit nicht als eine gänzlich verlorene oder verjubelte betrachten, da ich, bevor diese vergilbte vaterländische Literatur in die Bibliothek zurückwanderte, aus jedem der drei Bücher etwas hatte lernen können.
Was ich aus dem Werke des tapfer stramm stehenden und der deutschen Größe und Unvergleichlichkeit unablässig salutierenden Treitschke lernte, war, daß der nationale Hintergedanke schon des deutschen Freiheitskrieges nicht so sehr die eigene Freiheit als vielmehr, selbst um den Preis dieser, die Versklavung der anderen europäischen Völker im Sinne des preußischen Machtwillens gewesen war. Und was, fragte ich mich selbst, mich unterm Bett aufstützend und dabei mit dem Kopf oben anstoßend: Was hätten diese anderen europäischen Völkerschaften dabei gewinnen können? Bestenfalls einen deutschen Liberalismus im Sinne des vergleichsweise braven Gustav Freytag , der in seiner deutschen Vergangenheitsmalerei vom deutschen Märchen abschließend und zusammenfassend äußert, das deutsche Märchen ende regelmäßig damit, daß der Held in einer wohlverschlossenen, innen mit Eisenspitzen ausgepolsterten Tonne einen Berg herabgerollt werde, was durchaus der Gemütsart der Eisernen Jungfrau im Nürnberger Museum und des Nationalsozialismus entspricht. Auf ihn nimmt, unterm Bett gelesen, auch des urwüchsigen Grimmels


