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HITLERS GAST

dasselbe, und mit den gleichen Worten, hätte ich ihm unlängst auf der französischen Gesandtschaft zuraunen können.

Die zerbrochenen Ziegel, die uns mit eindrücklicher Sinn­bildlichkeit unseren eigenen Zustand vor Augen führten, gehören auch sonst zu meinen angenehmeren Dachauer Erinne­rungen. Eine Zeitlang, ich glaube, es war meine beste Zeit, war ich in der von mir so benannten Ziegelschmiede beschäftigt. Da wurden alte Ziegelbrocken mit Zuhilfenahme einer alten Eisen­klammer von den ihnen von ihrer früheren Verwendung an­haftenden Mörtelresten befreit und durch eine Behandlung, in der man mit der Zeit einige Übung erlangte, wieder brauchbar gemacht. Es war keine schwere Arbeit, man stand zu dritt oder zu viert um einen als Unterlage dienenden Ziegelstapel herum und konnte, zu den feineren Tischen zugelassen, die etwas Kathederhaftes hatten, kluge Gespräche führen und sich in mannigfacher Richtung belehren lassen, über die Hegelsche Trias etwa oder über die jüngsten religionsgeschichtlichen Funde und ihre Ausdeutung für die Evangelien, worüber ein für gewöhnlich in Oxford angestellter Wiener Gelehrter fach­männische Auskunft gab. Solche akademische Unterhaltungen waren natürlich strengstens verpönt, ließen sich aber in dem wüsten Schutthaufen von Menschen und Ziegeln und dem mühlenartigen Geklapper der Handeisen nicht immer hint­anhalten. Auch war der junge Aufseher kein Spaßverderber. Durch einen kreisrunden schwarzen Fleck auf seiner immer reingewaschenen Bluse als Homosexueller gekennzeichnet wir ,, Politische" waren mit einem roten Fleck gemerkt, war er auch sonst ,, sophisticated" und ein großer Freund des klassischen Zitats. Einmal, an unserem Ziegelherd stehen bleibend, sagte er zu meinem schabenden Nachbarn über

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