GASTSPIEL IN DER HOLLE
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waren; da war der Henker von Wien und zwei Mitglieder der vormaligen Dynastie, die Herzoge von Hohenberg, Söhne des unglücklichen Franz Ferdinand und Großneffen des Kaisers Franz Joseph . Sie wurden im Lager vom ersten Tage an zum Reinigen der Latrinen verwendet. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie durch die Lagergassen von Barackentür zu Barackentür fuhren dreißig Baracken, alles in allem mit hundertundzwanzig Türen und, auf ihrem Jauchewagen uns zu Häupten stehend, den Unrat mit einem philosophischen Lächeln aufpumpten, wobei sie ihre Nasen sehr hoch in die Luft hielten aber nicht aus Hochmut, nur von wegen des Geruchs. Ungefähr war diese ganze gemischte Gesellschaft die nämliche, der ich, den Henker ausgenommen, auf dem letzten Zauberfeste der französischen Gesandtschaft einige Wochen vorher hatte begegnen dürfen. Damals im Frack, trugen wir jetzt alle das gleiche blau- weiß gestreifte Sträflingsgewand und blickten beiseite, wenn wir, hintereinander gereiht, den Futternapf übernahmen. Auf den Arbeitsplätzen, zumal im Anfang, als wir noch nicht mit den reichsdeutschen Kameraden vermischt waren, war dieses Salongedränge abgeschiedener Seelen nicht minder dicht und es ergaben sich Zusammenstöße, die man lachhaft hätte nennen können, hätte man darüber lachen können. Einmal, es war am zweiten oder dritten Tage nach unserer Einschulung, standen wir in einer Art loser Kotillonformation, jeder zwei bis drei Schritte von seinem Mittänzer entfernt, und reichten einander, vor- und zurückspringend, Ziegelstücke, als ob es kostbare Geschenke wären. Mein Vordermann war der ehemalige Bürgermeister von Wien , Schmitz, ein Klerikaler, der auch hier, seiner Neigung entsprechend, etwas zu weit rechts stand. ,, Ein bißchen weiter links, Herr Bürgermeister!" mahnte ich, ihn im Sprung nicht ganz erreichend. Er lächelte trüb, wie man in der Hölle lächeln mag, aber mit verständnisvollem Augenaufschlag; denn genau


